Die National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) ist die zivile US-Bundesbehörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit. Die Behörde ist im Geschäftsbereich des Verkehrsministeriums der Vereinigten Staaten angesiedelt und veröffentlicht die amtlichen Zahlen von Verkehrsunfällen und ihren Ursachen für alle Bundesstaaten in den USA.
Kalifornien ist mit 38 Millionen Einwohner der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA und hat 1996 als erster Bundesstaat die Abgabe von Cannabis als Medizin legalisiert. Gemäß den NHTSA-Daten für Kalifornien wurden im Jahr 2012 in Kalifornien 7,51 Verkehrstote pro 100.000 Einwohner registriert. Das waren 30% weniger als im US-Bundesdurchschnitt mit 10,69 Verkehrstoten pro 100.000 Einwohner. Die Zahl der Verkehrstoten bedingt durch Alkoholkonsum (Blutalkoholgehalt größer als 0,8 Promille) lag sogar um 36% niedriger als im Bundesdurchschnitt.
Noch bessere Daten wurden aus dem Bundesstaat Washington – ebenfalls an der Westküste der USA gelegen – mitgeteilt. Dieser Staat hat 1998 Regelungen für Cannabis als Medizin eingeführt und dort gab es 6,44 Verkehrstote pro 100.000 Einwohner. Das waren 40% weniger als im US-Bundesdurchschnitt.
Bis zum Jahr 2000 haben acht Bundesstaaten Regelungen für Cannabis als Medizin eingeführt. In allen diesen Bundesstaaten (außer Maine) lag im Jahr 2010 die Zahl der Verkehrstoten niedriger als im Bundesdurchschnitt, wie aus der folgenden Grafik ersichtlich ist.
Image may be NSFW. Clik here to view. Abbildung 1 zeigt die Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2010 pro 100.000 Einwohner für die US-Bundesstaaten, die vor der Jahrtausendwende Regelungen für Cannabis als Medizin eingeführt haben. Im Schnitt lag in diesen Staaten die Zahl der Verkehrstoten um knapp 20% unter dem Bundesdurchschnitt.
Die meisten Verkehrsrodys (in Relation zur Bevölkerung) wohnen gemäß „Compare Traffic Deaths by State“ übrigens in Wyoming (mit 27,48 Verkehrstoten pro 100.000 Einwohner), gefolgt von Mississippi (21,58), Arkansas (19,27), Montana (19,09), Alabama (18,11), Oklahoma (17,76), Kentucky (17,49), South Carolina (17,47) und South Dakota (17,16). In keinem dieser Staaten, außer Montana, ist Cannabis als Medizin legal. Und in Montana versuchte die Regierung immer wieder die Verfügbarkeit von Cannabis für Patienten einzuschränken.
In Montana stimmte eine Mehrheit von 61,8% für die Montana Medical Marijuana Allowance Measure, auch Medical Marijuana Act, I-148 genannt. Das Gesetz trat am 2. November 2004 (also sofort) in Kraft. Patienten durften bis zu sechs Cannabispflanzen und eine Unze (ca. 28 Gramm) Marihuana besitzen. Mit dem Gesetz vom 3. Mai 2011 SB 423 wurde mit Wirkung ab dem 1. Juli 2011 die Medical Marijuana Act stark eingeschränkt. Gegen diese Einschränkung wurde das Referendum ergriffen, das mit Abstimmung vom 6. November 2012 erfolgreich war. 56,5% stimmten für das Referendum und somit für die Beibehaltung der liberalen Regelung von 2004. Montana ist offensichtlich ein Staat, in dem die Regierung nicht will, was die Bevölkerung will.
Alkoholbedingte Verkehrstote
In keinem der Staaten, die vor der Jahrtausendwende Regelungen für Cannabis als Medizin einführten, gab es im Jahr 2010 mehr alkoholbedingte Verkehrstote als im Bundesdurchschnitt der USA. Die geringste Zahl wurde im Bundesstaat Oregon mit 1,8 pro 100.000 Einwohner registriert. Das waren 45% weniger als im Bundesdurchschnit der USA, der bei 3,3 lag. In Kalifornien waren es mit 2,0 immerhin noch knapp 40% weniger als im Bundesdurchschnitt.
Image may be NSFW. Clik here to view. Abbildung 2 zeigt die Zahl der alkoholbedingten Verkehrstoten im Jahr 2010 pro 100.000 Einwohner für die US-Bundesstaaten, die vor der Jahrtausendwende Regelungen für Cannabis als Medizin eingeführt haben. Im Schnitt lag in diesen Staaten die Zahl der alkoholbedingten Verkehrstoten um knapp 25% unter dem Bundesdurchschnitt. Langfristig scheinen Programme für Cannabis als Medizin signifikante positive Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit zu haben.
„Eine Studie von 2011 zeigt eine Verbindung auf, zwischen US-Bundesstaaten die Medizinisches Cannabis legalisiert und weniger Tote bei Verkehrsunfällen haben. Die Studie wurde von D. Mark Anderson durchgeführt, einem Ökonomieprofessor an der Montana State Univerity und Daniel Rees, ein Professor an der University of Colorado, Denver.
Sie schauten sich die Daten der einzelnen Bundesstaaten an, darunter die Nationalen Umfragen zu Drogenkonsum und Gesundheit. Anderson und Rees entdeckten, dass Bundesstaaten, in denen Medizinalhanf legalisiert worden ist, durchschnittlich neun Prozent weniger Todesfälle bei Verkehrsunfällen zu verzeichnen waren.“
Solche Fakten sind vor allem auch für die Versicherungswirtschaft von Interesse. Weniger schwere Unfälle bedeutet für Versicherungen, geringere Beträge für Leistungen erbringen zu müssen. Das bedeutet einen höheren Gewinn respektive die Möglichkeit, Prämien in Staaten mit Regelungen für die Abgabe von Cannabis als Medizin senken zu können, was ein Wettbewerbsvorteil darstellt.
Wie Mathias Broeckers in diesem Blog unter dem Titel „Eine Million für Hanf!“ berichtete, haben Georg Wurth und der Deutsche Hanfverband (DHV) am Samstagabend die „erste demokratische Millionärswahl“ gewonnen. Für den TV-Sender Pro7 war die „Millionärswahl“ ein Quoten-Flop, dessen Finale dann sogar aus dem TV ins Internet verbannt wurde. Für den Deutschen Hanfverband (DHV) dagegen war die erste „demokratische Millionärswahl“ ein Segen. Aufgrund der Tatsache, dass eine massive Berichterstattung in den Medien über den Quoten-Flop der „Millionärswahl“ stattgefunden hat, jedoch nur äußerst marginal über den Gewinn des Hanfaktivisten informiert wurde, kann man sich kaum des Eindrucks erwehren, dass es seitens der Bundesregierung eine Einflussnahme auf die Berichterstattung gegeben habe.
Während des Auftritts von Georg Wurth im Finale betonte dieser, dass das Thema Cannabis als Medizin für ihn besonders wichtig sei und dass man auch bei diesem Thema anfangen müsse. Doch mit einer Million Euro (abzüglich Steuern) kann man keine Genehmigung für den Anbau von Cannabis für medizinische Zwecke beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Abteilung Bundesopiumstelle, kaufen. Das BfArM ist eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit mit Sitz in der Bundesstadt Bonn. Die Bundesopiumstelle (BOPST) gehört zum Geschäftsbereich des BfArM und regelt den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Narcotics and Psychotropics) und Grundstoffen (Precursors).
Günther Weiglein gehört zu den wenige Patienten in Deutschland, die aufgrund einer Erlaubnis des BfArM natürliches Cannabis als Medizin nutzen dürfen. Doch der unter chronischen Schmerzen leidende Würzburger kann sich sein Apothekenmarihuana nicht leisten (die Krankenkasse zahlt die 14,40 Euro pro Gramm nämlich nicht) und verklagt die Bundesopiumstelle nun darauf, dass ihm der Eigenanbau von Cannabis erlaubt wird. Nun soll der Schmerzpatient von der Behörde drei lange Monate auf das Gerichtsverfahren hingehalten werden mittels einer „stillscheigenden Fristverlängerung“, die vom BfArM beantragt wurde. Martin Steldinger vom OrgaTeam der Hanfparade hat deshalb eine Petition gegen diese unmenschliche Behandlung gestartet, da diese Fristverlängerung eine Farce für den Patienten ist. Das BfArM weiß um die Leiden des Patienten und spielt hier auf Zeit. Gegen diese schon fast sadistisch anmutende Praxis wurde die Petition gestartet. Diese wird dem Verwaltungsgericht Köln und dem BfArM bei jeder Teilnahme per eMail zugestellt. Erwartet wird ein grundlegendes Urteil zum Eigenanbau von Cannabis bei medizinischer Notwendigkeit.
Zur Zeit unterstützen schon knapp 500 Personen die Petition, darunter seit neuestem Frank Tempel von der Partei Die Linke. Frank Tempel ist Politiker und seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages. Seit Mai 2010 ist er Drogenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. Vor seiner Zeit als Abgeordneter wurde Frank Tempel 1999 zum Kriminalbeamten im gehobenen Dienst ernannt. Von 1995 bis 2002 war Tempel in der Gewerkschaft der Polizei aktiv tätig, darunter zwei Jahre Landesvorsitzender der Jungen Gruppe der GdP in Thüringen.
Anträge auf medizinische Verwendung von Cannabis stark angestiegen
Wie man auf der Website von Frank Tempel lesen kann, ist in einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Frank Tempel ersichtlich, dass die Anzahl der Ausnahmegenehmigungen nach § 3 Abs. 2 BtMG zur medizinischen Verwendung von Cannabis in Deutschland stark angestiegen ist. So wurden seit April 2013 bis heute 180 Anträge gestellt. Seit 2008 haben insgesamt 442 Patienten einen entsprechenden Antrag beim BfArM eingereicht. Insgesamt wurden für den gesamten Antragszeitraum bisher 241 Ausnahmeerlaubnisse erteilt. Zum Vergleich: In Israel besitzen ca. 6000 Patienten bei knapp 9 Millionen Einwohnern eine entsprechende Ausnahmegenehmigung. In Kalifornien besitzen weit mehr als eine halbe Million Patienten bei etwas mehr als 38 Millionen Einwohnern eine entsprechende Ausnahmegenehmigung.
Rechtzeitig zum 52. Deutsche Verkehrsgerichtstag (52. VGT) vom 29. bis 31. Januar 2014 in Goslar veröffentlichte der Nachtschatten Verlag in Solothurn das umfassende Nachschlagewerk „Cannabis und Führerschein“ von Theo Pütz vom Verein für Drogenpolitik. Theo Pütz ist nicht nur einer der bekanntesten Experten in Sachen Verkehrsrecht, sondern gilt auch als bester Kenner der Materie betreffend medizinisch-psychologische Untersuchungen (MPU). Die MPU erstreckt sich auf drei Bereiche – eine ärztliche und eine psychologische Untersuchung und einen Leistungstest.
Seit Mitte der neunziger Jahre müssen immer mehr Cannabiskonsumenten zur Fahreignungsüberprüfung, da die Fahrerlaubnisbehörden davon ausgehen, dass bei einem Cannabiskonsumenten die Gefahr besteht, dass er unter Rauschwirkung am Kraftverkehr teilnimmt. Oft wird der Führerschein durch die Fahrerlaubnisbehörde entzogen, wenn bei einer Verkehrsteilnahme der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum nachgewiesen wird. Aber nicht nur in Bezug auf eine vermeintliche „Drogenfahrt“ laufen Cannabiskonsumenten Gefahr, ihre Fahrerlaubnis zu verlieren. Auch bei Besitzdelikten, selbst wenn es nur geringe Mengen Cannabis waren und das Strafermittlungsverfahren eingestellt wurde, muss grundsätzlich damit gerechnet werden, dass der Betroffene noch Post von seiner Führerscheinstelle erhält. Dies gilt auch, wenn das „Delikt“ in keinem Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr steht.
Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1994 wurde der Besitz geringer Mengen Cannabis für den Eigenbedarf ein Stück weit entkriminalisiert. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass aufgrund der vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse das Gefahrenpotenzial von Cannabis mit dem von Alkohol vergleichbar ist und in der Regel nicht über die Gefahren hinausgeht, die durch Alkohol zu erwarten sind. Genau diese vom Bundesverfassungsgericht angestoßene Entkriminalisierung des Cannabiskonsums führte aber auch dazu, dass sich der Verfolgungsdruck auf die Cannabiskonsumenten inzwischen in den Bereich der Verkehrssicherheit verschoben hat. Diese stehen oft da wie der Ochs am Berg, weil sie nicht nach vollziehen können, wieso von ihnen eine besondere Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgehen soll, wenn sie im Straßenverkehr doch gar nicht aufgefallen und auch nicht unter der Wirkung von Cannabis gefahren sind. Hinzu kommt, dass die rechtlichen Möglichkeiten für die Betroffenen, sich gegen solche Vorwürfe zu wehren, im Bereich des Verwaltungsrechts äußerst begrenzt sind. So fühlen sie sich insbesondere den Verwaltungsbehörden und später der vermeintlichen Willkür der Begutachtungsstellen ausgesetzt.
Dabei haben sie sich häufig überhaupt nichts zuschulden kommen lassen, wenn man einmal davon absieht, dass der Besitz von Cannabis nach wie vor unter das Betäubungsmittelgesetz fällt und sie damit eine Straftat begehen, die allerdings eher im Bagatellbereich anzusiedeln ist. Deshalb scheitern Cannabiskonsumenten auch oft an der psychologischen Begutachtung bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU). Denn wie sollen sie sich kritisch mit einer vermeintlichen Drogenfahrt auseinandersetzen, die gar nicht stattgefunden hat oder bei der nach ihrem subjektiven Empfinden keine Rauschwirkung mehr vorlag?
Diese Problematik ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass die Wirkung des berauschenden Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) so lange anhält, wie er im Blut nachweisbar ist, und daher einen Null-Promille-Grenzwert eingeführt hat. Dieser wurde zwar zwischenzeitlich vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig verworfen; der Gesetzgeber hat es aber bisher nicht für nötig befunden, einen THC-Grenzwert zu normieren, und überlässt die THC-Grenzwertfindung der Rechtsprechung.
Dass die erwähnten verfassungsrechtlichen Grundsätze in der Rechtspraxis bei Cannabiskonsumenten eingehalten werden, bezweifeln nicht nur unmittelbar Betroffene. Obwohl die Bundesregierung nachweislich beteuert, dass die Änderungen im Verkehrsrecht nicht dazu dienen sollen, den Konsum bzw. den Umgang mit Cannabis als solchen zu bestrafen, wird die Rechtspraxis durch die Betroffenen als Ersatzstrafrecht empfunden.
Betrachtet man die Rechtsentwicklung seit den neunziger Jahren etwas genauer, liegt der Verdacht nahe, dass der Gesetzgeber hier primär die Einschränkungen zu kompensieren sucht, die durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf Strafrechtsebene entstanden sind (Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, BtMG). Auch heute, bald zwanzig Jahre nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, werden Fahreignungsüberprüfungen nach wie vor alleine aufgrund von Besitztatbeständen angeordnet, obwohl dies eindeutig verfassungswidrig ist.
Grenzwerte
In einer Metaanalyse bestehender Forschungsergebnisse aus dem Jahr 1997 heißt es:
„Als besonders empfindlich gegenüber einer THC-Wirkung erweisen sich Aufmerksamkeit, Tracking und Psychomotorik. Fahren als Ausdruck von Mehrfachleistung erscheint dagegen als relativ unempfindlich. Im THC-Konzentrationsbereich 7–15 ng/ml (Nanogramm pro Milliliter) sind nach vorliegenden Ergebnissen für das Verkehrsverhalten wesentliche Leistungeinschränkungen zu erwarten.“
Anmerkung: Die der Auswertung der Studie zugrundeliegenden Messergebnisse (THC im Blut) wurden wie international üblich im Gesamtblut bestimmt. In der Bundesrepublik wird der Wert im Blutserum bestimmt und führt somit zu einem mehr als doppelt so hohen Wert. Quelle: Metaanalyse bestehender Forschungsergebnisse von Schulz/Vollrath im Auftrag der BASt: „Fahruntüchtigkeit durch Cannabis, Amphetamine und Cocain“. Mensch und Sicherheit, Heft M82.
In der Studie des Zentrums für Verkehrswissenschaften Würzburg von 2005 heißt es:
„Nach Abklingen der Wirkung und der damit verbundenen eingeschränkten Fahrtauglichkeit sind im Blut noch bis zu 48 Stunden nach dem Konsum geringe THC-Konzentrationen nachweisbar, wodurch beeinträchtigte und unbeeinträchtigte Fahrer verkehrsstrafrechtlich nicht getrennt werden. Analog zur 0,5 Promille-Grenze bei Alkohol könnte bei THC ein Wert zwischen 7 und 8 ng pro ml THC im Blutserum eingeführt werden. Ein mit 0,3 Promille Alkohol vergleichbarer Grenzwert für eine beeinträchtigte Fahrleistung könnte bei Cannabiskonsumenten bei 3 ng THC/ml Blutserum liegen.“
Im Zuge der Erneuerung des § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) und der zugehörigen Anlage wurde ein 0,0-Promille-Wert für illegale Substanzen eingeführt, in der Annahme, dass der Wirkstoff THC im Blut nur sehr zeitnah zum Konsum nachweisbar sei. Zudem ging der Gesetzgeber auch davon aus, dass dieser Nullwert dazu führen würde, dass sich die Betroffenen besser daran halten können, da keine Möglichkeit besteht, dass sich die Konsumenten wie beim Alkohol an den Grenzwert sozusagen herankiffen können.
Im Dezember 2004 musste sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage beschäftigen, ob die vom Gesetzgeber vorgegebene 0,0-Promillegrenze für Cannabis verfassungskonform ist. Ausgangspunkt war ein Fall, bei dem bei einem Fahrzeugführer ein THC-Wert von 0,5 ng/ml im Blutserum festgestellt wurde. Die Verfassungsrichter stellen fest, dass der Nullwert verfassungswidrig erscheint, da der Normtext des § 24a StVG eine Fahrt unter der Wirkung verbietet, aber nicht jeder Nachweis auch mit einer Wirkung gleichzusetzen ist. Im weiteren verweisen die Richter zwar auch auf den von der Grenzwertkommission vorgeschlagenen Grenzwert von 1 ng/ml, stellen aber vielmehr darauf ab, dass ein zeitlicher Kontext zwischen Konsum und Verkehrsteilnahme vorgelegen haben muss, um auch von einer Wirkung ausgehen zu können.
Die zuständigen Strafgerichte, die über die Fälle zu entscheiden haben, orientieren sich seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an dem von der Grenzwertkommission vorgeschlagenem Grenzwert von 1 ng/ml. Trotz der Erkenntnis, dass es sich hierbei lediglich um den analytischen Grenzwert handelt, der keine Wirkschwelle beschreibt und THC-Werte über 1 ng/ml unter Umständen selbst Tage nach dem letzten Konsum nachweisbar sind, halten die Gerichte an diesem Wert fest.
DRUID-Studie
Mit der Studie „Driving Under Influence of Drugs, Alcohol and Medicines“ (DRUID) der Europäischen Union wurden erstmalig epidemiologische und experimentelle Untersuchungen des Einflusses von Drogen und Arzneimitteln auf die Fahrtüchtigkeit beziehungsweise auf verkehrssicheres Verhalten, die im Rahmen der polizeilichen Überwachung zum Drogennachweise durchgeführt wurden, zusammengetragen.
Im Abschlussbericht „Durchgeführte Arbeiten, wichtigste Ergebnisse und Empfehlungen“ der europäischen DRUID-Studie wurden allerdings nur solche Fälle als Drogenfahrten gewertet, bei denen der THC-Wert über 1 ng/ml im Vollblut lag – Fälle, bei denen z.B. nur ein THC-Nachweis von 0,5 ng/ml im Gesamtblut ermittelt wurde, wurden also nicht als Drogenfahrt erfasst. In Deutschland, wo im Blutserum gemessen wird, entsprechen 0,5 ng/ml im Blut aber einem Wert von 1 ng/ml und führen zu einer Verurteilung wegen einer vermeintlichen Drogenfahrt.
Ausland
In der Schweiz wurde vor einigen Jahren ein THC-Grenzwert für das Fahrpersonal (Bus, Bahn) eingeführt. Dieser Grenzwert, der im übrigen mit der 0,0-Promille-Grenze für Taxifahrer vergleichbar ist, liegt in der Schweiz bei 1,5 ng/ml THC; der in Deutschland geltende Grenzwert von 1 ng/ml scheint auf den ersten Blick nur unwesentlich tiefer zu sein. Berücksichtigt man nun allerdings den Umstand, dass der Schweizer Grenzwert im Gesamtblut und nicht im Serum bestimmt wird, ergibt sich rechnerisch ein Grenzwert von 3 ng/ml Serum bzw. der Grenzwert für das Fahrpersonal in der Schweiz liegt nach deutscher Lesart bei 3 ng/ml Serum. Ja, in der Schweiz geht man davon aus, dass selbst Fahrer von Bussen und Bahnen mit bis zu 3 ng/ml THC im Blutserum ihrer Arbeit verantwortungsvoll nachgehen können. In Deutschland wird aber schon bei einem THC-Nachweis von 1 ng/ml Serum von einer „Rauschfahrt“ ausgegangen.
Wenn man nun bedenkt, dass der deutsche Gesetz- bzw. Verordnungsgeber allem Anschein nach davon überzeugt ist, dass ab einem THC-Wert von über 1 ng/ml von einer Drogenbeeinflussung ausgegangen werden muss, stellt sich die Frage, wieso die Bundesregierung nicht davor warnt, in der Schweiz öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, wenn die Fahrer von Bussen und Bahnen dort sogar unter der Wirkung von THC (bis zu 3 ng/ml) ihren verantwortungsvollen Beruf ausüben dürfen.
Im US-Bundesstaat Colorado wurde im Mai 2013 der Umgang mit Cannabis legalisiert. Gleichzeitig hat Colorado auch einen Grenzwert für die Verkehrsteilnahme eingeführt. Dieser Grenzwert liegt bei 5 ng/ml, gemessen im Vollblut. Würde man hier ebenfalls dem Umrechnungsfaktor (Vollblut/Serum) berücksichtigen, käme man auf einen analogen Grenzwert von 10 ng/ml Serum. In den USA, dem Mutterland der Cannabis-Prohibition und des irrsinnigen „War On Drugs“, gilt selbst ein Grenzwert (10 ng/ml), der zehn Mal höher liegt als in Deutschland (1 ng/ml), nicht als Gefahr für die Verkehrssicherheit. Die (Un-)Rechtspraxis in Deutschland, mit Hilfe des Fahrerlaubnis- und Verwaltungsrechts den „Krieg gegen Drogen“ zu führen, muss beendet werden. Die Politik und die Rechtssprechung sind gefordert. Wer die Informationen in dem Buch „Cannabis und Führerschein“ von Theo Pütz zur Kenntnis genommen hat, wird nicht mehr umhin können, diese Forderung zu unterstützen. Image may be NSFW. Clik here to view. Anmerkung:
Weitgehende Passagen dieses Artikels sind direkt dem Buch „Cannabis und Führerschein“ von Theo Pütz entnommen. Mathias Broeckers schrieb das Vorwort, aus dem die ersten Absätze dieses Artikel entnommen wurden. Das Buch ist ein Muss für alle Rechtsanwälte, Richter und Politiker, die sich mit Fragen zu Cannabis und Führerschein respektive Fahrerlaubnis konfrontiert sehen.
Theo Pütz: Cannabis und Führerschein 176 Seiten, Format A5, Broschur
ISBN: 978-3-03788-279-5
CHF 29.80, EUR 23.00
Vergl. hierzu:
Polizeikontrolle und Drogenschnelltests: Im Tagesrausch „Polizeikontrolle und Schnelltests“ informiert Theo Pütz über das richtige Verhalten bei Drogenkontrollen im Straßenverkehr. Was muss man über Wisch-, Piss- und Schweißtests wissen? Welche Regeln gelten für die Blutentnahme? Was sollte man sagen, was lieber verschweigen. Im Teil zwei des Interviews über Drogen im Straßenverkehr „Blutprobe und Trunkenheitsfahrt“ informiert Theo Pütz über die Nachweiszeiten verschiedener Drogen und erklärte die Folgen positiver Blutproben. Im dritten Teil der Interviewserie „MPU und Führerscheinentzug“ erklärt er unter anderem, warum selbst diejenigen Konsumenten, die nie berauscht gefahren sind, eine MPU (Idiotentest) fürchten müssen und unter welchen Umständen der Führerschein entzogen wird.
Für viele Journalisten gilt die alte Weisheit: „Nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht.“ Und so konnte man in vielen Zeitungen lesen, dass in Düsseldorf kürzlich zwei junge Leute am Cannabiskonsum gestorben seien. Das jedenfalls erklärte der Mediziner Benno Hartung vom Institut für Rechtsmedizin der Usikniversitätsklinik in Düsseldorf. Und fast die komplette deutsche Zeitungslandschaft postulierte diese unhaltbare These willig in ihren Publikationen.
Es gab jedoch auch ein paar löbliche Ausnahmen. In der Zeit beispielsweise stand über dem Artikel von Sven Stockrahm der Titel „Cannabis: Kiffen ist keine Todesursache“ und im Text dahinter heißt es dann: „Tödliche Droge? Zwei Männer rauchten einen Joint. Kurz danach starben sie. Rechtsmediziner aus Düsseldorf vermuten einen Zusammenhang. Der lässt sich aber nicht beweisen.“ Auch diverse Blogger recherchierten etwas genauer und kamen zu ähnlichen Ergebnissen wie Sven Stockrahm. So setzte David Bienenstock den Titel „Nein, man kann immer noch nicht an einer Cannabis-Überdosis sterben“ über seinen Beitrag zu einer ähnlichen Meldung und Andreas Rohde überschrieb seinen Beitrag im Lokalkompass Wesel zu den Düsseldorfer Fällen mit den Worten „Totgekifft – Schauermärchen verkaufen sich besser“.
Die Fakten
Zwischen 2001 und 2012 hatten Benno Hartung und Kollegen unter den geschätzt 5.500 Toten, die an der Uniklinik in Düsseldorf obduziert wurden, zunächst 15 Fälle entdeckt, in denen Marihuanakonsum den Tod zumindest mit ausgelöst haben könnte. Letztlich blieben von diesen 15 nur die zwei Männer, die nun als erste vermeintliche Cannabistote durch die Medien geistern. Bei einem 23-Jährigen Mann hatte man zwar bei der Obduktion einen vergrößerten Herzmuskel (hypertrophe Kardiomyopathie), der auch zu den Rhythmusstörungen geführt haben könnte, festgestellt, doch man entschied sich, Cannabis als mutmaßliche Todesursache anzugeben. Bei ihm wurden im Blut Cannabiswirkstoffe respektive deren Stoffwechselprodukte nachgewiesen, wobei die Werte als eher niedrig einzustufen sind: THC: 5,2 ng/ml (Nanogramm pro Milliliter), 11-OH-THC: 1,8 ng/ml, THC-COOH: 12,9 ng/ml. Auch bei dem 28-jährigen Mann waren die Werte ausgesprochen niedrig: THC: 1,9 ng/ml, 11-OH-THC: 0,8 ng/ml, THC-COOH: 10,1 ng/ml.
In dem Artikel „Sudden unexpected death under acute influence of cannabis“ für die Fachzeitschrift für Forensiker „Forensic Science International“ schrieben Benno Hartung und Kollegen, dass bei den beiden Toten nach der Autopsie zudem toxikologische, histologische, immunhistochemische und genetische Untersuchungen durchgeführt wurden. Somit schlossen die Rechtsmediziner eine Todesursache nach der anderen aus, bis nur noch Herzversagen in Folge des Cannabiskonsums übrigblieb. Doch ein Satz in dem Artikel macht stützig: „Screening tests for other common drugs showed negative results.“ Das heißt, es wurden keine Hinweise zum Konsum von allgemein verbreiteten Drogen gefunden. Offensichtlich wurde somit nur nach gängigen Drogen gesucht, jedoch nicht nach sogenannten „neuen psychoaktiven Substanzen“, zu denen auch die synthetischen Cannabinoiden zählen.
Cannabis und Cannabinoide
Das Harz der Hanfpflanze enthält mehr als 60 Cannabinoide (Phytocannabinoide). Die bekanntesten davon sind das psychoaktiv wirkende Tetrahydrocannabinol (THC) und das entkrampfend, entzündungshemmend und angstlösend wirkende Cannabidiol (CBD). Zudem gibt es hunderte von künstlich hergestellten Cannabinoiden. Künstliche Cannabinoide können sowohl halbsynthetisch hergestellt werden, das heißt aus natürlichen Cannabinoiden, als auch vollsynthetisch, das heißt aus einfachen Grundstoffen. Synthetische Cannabinoide werden medizinisch genutzt, dienen aber auch in der Neurowissenschaft dazu, die Cannabinoidwirkung im Gehirn zu verstehen.
Synthetische Cannabinoide habe zum Teil eine vielfach stärkere Wirkung als die natürlichen Cannabinoide. Zum Beispiel ist das synthetische Cannabinoid HU-210 etwa 100 bis 800 mal wirksamer als das natürliche Tetrahydrocannabinol aus der Hanfpflanze und besitzt eine längere Wirkungsdauer. Deshalb werden synthetische Cannabinoide als Wirkstoffe für Kräutermischungen wie Spice genutzt oder auch zur Wirkungssteigerung von minderwertigen Hanfblüten. Nach dem Konsum von synthetischen Cannabinoiden ist es schon nachweislich zu Todesfällen gekommen.
In der Berichterstattung ist somit sehr genau zwischen der Wirkung von Cannabis (Hanfpflanze) und synthetische Cannabinoiden zu unterscheiden, da es sonst bei den Lesern leicht zu Missverständnissen kommen kann. Doch selbst die Ärzte Zeitung titelte am 26. Februar 2014 „10.000 Hospitalisierungen wegen Cannabis“ und schrieb im Text darunter:
„2012 entfielen exakt 10.142 Klinikaufenthalte auf die Diagnose “Psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide” (ICD-10: F12.-). Die Zahl der Fälle hat sich der Krankenkasse zufolge in den vergangenen zehn Jahren fast verdreifacht. Vier von fünf Patienten waren männlich. Weit höher lag die Zahl der Klinikaufenthalte allerdings wegen Störungen durch Alkohol (ICD-10: F10.-) mit 345.034 und durch Opioide (ICD-10: F11.-) mit 26.512.“
Für die Leser ist somit nicht nachvollziehbar, wie viele der Patienten wegen Streckmitteln oder synthetischen Cannabinoiden behandelt werden mussten und wie viele tatsächlich wegen des Konsums von Cannabis. Jedenfalls sind hier Titel und Text nicht stimmmig.
Kritik von Forensikern
Außenstehende Forensiker halten die These von Benno Hartung und Kollegen jedoch für unhaltbar, wie im Artikel der Zeit zu lesen ist. „Da nach den Analysen nichts anderes mehr auftauchte, haben sich Hartung und sein Team auf Cannabis verstiegen“, sagt etwa Frank Mußhoff vom Forensisch Toxikoloischen Centrum München. „Das ist aber kein Beweis, höchstens eine Erklärung.“ So habe das Team nicht besonders viel von der Substanz Tetrahydrocannabinol (THC), die den Rausch auslöst, im Körper der beiden jungen Männer gefunden. Mußhoff spricht von Konzentrationen, die auch hin und wieder in Blutproben von Menschen während einer Verkehrskontrolle auftauchen. „Die gefundenen Abbauprodukte sprechen zudem nicht dafür, dass die toten Männer regelmäßige Cannabisnutzer gewesen sind.“
Der Leiter der Rechtsmedizin an der Berliner Charité, Michael Tsokos, stellte hierzu fest: „Die einzelnen Befunde stützen das nicht [...] Aus ihnen geht hervor, dass der 23-jährige Verstorbene schwer am Herzen vorerkrankt war. Hätte er nicht zufällig am Tag vor seinem Tod Cannabis geraucht, wäre ein Zusammenhang mit seinem Tod gar nicht hergestellt worden. [...] Fälle, in denen die Todesursache unklar ist, haben wir vereinzelt immer wieder. Cannabis als Ursache zu vermuten, ist für mich eine Verlegenheitsdiagnose.“ Für Tsokos ist klar: „Hier geht es um Koinzidenz und nicht um Kausalität.“
Beim 38. Strafverteidigertag, der am Sonntag in Dresden zu Ende ging, diskutierten 400 Strafverteidiger, Staatsanwälte, Richter und Rechtsgelehrte über drängende Fragen des Rechts und der Gesetzgebung. Dabei war in diesem Jahr auch das Pro und Contra der Entkriminialisierung illegalisierter Drogen das Thema einer Arbeitsgruppe. Die dort erarbeitete Erklärung (PDF) wurde dann vom Plenum des Strafverteidigertags verabschiedet:
“Bereits der 31. Strafverteidigertag kam 2007 zu folgendem Ergebnis:
„Die Prohibition und die repressive Drogen(kriminal)politik – gepaart mit teilweise exorbitanten Strafen – haben nicht zur Lösung der Suchtproblematik beigetragen. Ein – neuer – gesellschaftlicher Diskurs ist erforderlich, um die Grundlage für eine von Vernunft geprägte, pragmatische sowie entkriminalisierende Drogenpolitik zu schaffen.“
Seither mehren sich sehr deutlich Stimmen, die den bisherigen Ansatz des „War on Drugs“ für gescheitert ansehen. Es gibt internationale Entwicklungen, die ganz offiziell eine Abkehr vom Prohibitionsansatz markieren.
In Deutschland hat sich dagegen – jedenfalls auf juristischem Gebiet – wenig bis gar nichts geändert. Immer noch verbringen schwerkranke Menschen wegen ihrer Krankheit viele Jahre in Haftanstalten. Immer noch werden berufliche Existenzen, z.B wegen des Umgangs mit Cannabis, zerstört, obwohl genau dieser Umgang inzwischen eine weitgehende gesellschaftliche Akzeptanz erlangt zu haben scheint. Beiden – den Schwerkranken, wie den Freizeitkonsumenten – wird das BtMG in keiner Weise gerecht.
Nach wie vor enthält das BtMG Strafandrohungen, die ansonsten für Kapitalstraftaten reserviert sind – obwohl es sich auch dabei teilweise eher um Alltagsverhalten handelt. Dem Grundsatz, Strafrecht als „ultima Ratio“ zu verstehen, entspricht das BtMG damit nicht einmal ansatzweise.
Gleichzeitig dürfen bestehende Probleme im Umgang mit psychoaktiven Stoffen nicht verkannt werden. Das Abstinenzparadigma allerdings und die daraus abgeleitete Prohibition haben sich selbst in dieser Hinsicht nicht als probates Mittel erwiesen.Wenn dann auch noch die Repressionsstrategie immense Summen für eine im Ergebnis wirkungslose Strafverfolgung verschlingt, gleichzeitig Mittel für Forschung und Hilfsprojekte drastisch gekürzt werden, so ist dies nicht länger akzeptabel..
Der Prohibitionsansatz ist deshalb aufzugeben. Er gehört aber mindestens auf den parlamentarischen Prüfstand. Es muss in absehbarer Zeit fundiert darüber diskutiert werden, welcher Reformbedarf besteht. Dass Reformbedarf besteht, kann nicht mehr strittig sein. Ein bloßes „Weiter So!“ darf es daher nicht geben.
Deshalb unterstützt der 38. Strafverteidigertag ausdrücklich – als einen notwendigen ersten Schritt – die Initiative von 120 deutschen Strafrechtsprofessoren, die die Einrichtung einer Enquete-Kommission gefordert hat, da sie die strafrechtliche Drogenprohibition als „gescheitert, sozialschädlich und unökonomisch“ ansieht.”
Die am meisten ausgezeichnete Cannabis-Sorte der Welt, benannt nach dem “Emperor of Hemp” Jack Herer (1939-2010) wird 20 Jahre alt, was die Züchter von der Sensi Seed Bank natürlich nicht ungefeiert verstreichen lassen. Bei vierzehn verschiedenen Wettbewerben hat diese Pflanze Preise gewonnen – den ersten bei der Mutter aller Marihuana- Wettbewerbe, dem Cannabis Cup in Amsterdam im November 1994. Die Jury bei diesem Wettbewerb, zu dem über Thanksgiving jedes Jahr ein Jumbo Jet voller Hippies und Hanf-Afficionados aus den USA einfliegt, bildet ein Gruppe ausgewählter Experten, sowie alle Besucher der Veranstaltung, die in den teilnehmenden Coffeeshops die nur mit Nummern benannten Marihuana-Soften testen und auf Fragebögen bewerten können. Jack Herer selbst, mit dem ich zuvor eine Tour durch ganz Deutschland unternommen hatte, auf der wir die deutsche Ausgabe seines bahnbrechenden Buchs (Herer/Bröckers: Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf ) präsentiert hatten, war in diesem Jahr Mitglied der Jury - und als wir im Hotel angekommen waren, brachte einer der Veranstalter des Cups sieben große Tüten mit den zur Beurteilung stehenden Hanfblüten vorbei. Jack wollte gleich in der Lobby des feinen Hotels mit seiner Jurytätigkeit beginnen, wo wir mit einigen seiner Freunde saßen, ließ sich aber – da sooo liberal selbst die Niederlande nicht sind – zum Rückzug aufs Zimmer bewegen. Dort führten wir die fein “manükierten”, harztriefenden Buds nach und nach ihrer Verwendung zu, was naturgemäß nach der dritten oder vierten Pfeife nicht mehr zu wirklich objektiven Urteilen führt, aber wir hatten ja noch drei Tage die verschiedenen Nummern zu testen.
Image may be NSFW. Clik here to view.Am Ende entschieden wir uns, wenn ich mich recht entsinne, für die Nr. 4. – und das sahen offenbar auch die anderen Juroren und das Publikum so, denn diese Sorte gewann den ersten Preis. Es war eine Züchtung der Sensi Seed Bank, deren Gründer und Patron Ben Dronkers den Cup in Empfang nahm – und danach zu Jack kam, und fragte, ob er gegen ein angemessenes Honorar diese Sorte nach ihm benennen könne. Er konnte und so kam die zu 55% von Cannabis Sativa und zu 45% von Cannabis Indica-Eltern abstammende Pflanze zu ihrem Namen und dank ihrer besonderen Qualität weltweit zu Auszeichnungen.
Dass Jack Herer, dessen rastlosem Engagement die Renaissance des Hanfs als Medizin, Rohstoff und Genusssmittel in erster Linie zu verdanken ist – hier eine Interview und eine Video-Dokumentation über sein Leben - nicht in irgendeiner Hanfsorte, sondern im besten Bud der Welt geehrt wird, hat der “Hempster des Jahrhunderts” (High Times) mehr als verdient. Ein Jahr nach seiner Patenschaft half ich ihm bei einem Besuch in L.A. an seinem Infostand an der Promenade von Venice beim Verteilen von Flugblättern für die Volksabstimmung zur Legalisierung medizinischen Marihuanas, die 1996 in Californien (als erstem von mittlerweile 19 US-Staaten) erfolgreich war. Und es nicht zuviel wenn man sagt, dass dieser “major victory” ohne einen Kämpfer wie Jack Herer nicht erreicht worden wäre. Insofern ist es nur passend, wenn auch Patienten, die medizinisches Cannabis über ihre Apotheke beziehen (was in D nur mit Ausnahmegenehmigung des Bundesamts für Arzneimittel möglich ist) unter anderem Namen letzlich nichts anderes zu sich nehmen als “Jack Herer”.
(Bild oben: Jack Herer, die Pflanze; unten: Jack The Man, die Uhr stand immer auf 4:20)
Der Global Marijuana March (GMM) ist ein vom US-amerikanischen Legalisierungsaktivisten Dana Beal 1998 ins Leben gerufener weltweiter Aktionstag für ein Ende des Cannabisverbotes und ein Ende des Drogenkrieges. Ziel des GMM ist es, Anfang Mai Millionen Menschen aus aller Welt durch „zeitgleiche“ Demonstrationen, Konferenzen, Festivals und weitere Events zum Thema Hanf gemeinsam unter der Überschrift „Worldwide“ oder „Global Marijuana March“ (GMM) bzw. „Million Marijuana March“ (MMM) zu vereinen. Dieses Jahr wird der GMM am Samstag, 3. Mai 2014 stattfinden. Die Berliner machen ihre Demo erst am 10. Mai, da viele hauptstädtische Aktivisten am ersten GMM-Samstag in anderen Orten präsent sein werden.
Menschenrechte und Freiheit auch für Kiffer
Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 gehört zu den Grundlagen moderner freiheitlich demokratischer Rechtsstaaten. Die Erklärung ist vom Gedankengut der Aufklärung geprägt. So heißt es in Artikel IV:
„Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss ebendieser Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.“
„Das Gesetz darf nur solche Handlungen verbieten, die der Gesellschaft schaden. Alles, was durch das Gesetz nicht verboten ist, darf nicht verhindert werden, und niemand kann gezwungen werden zu tun, was es nicht befiehlt.“
Der Genuss psychotrop wirkender Substanzen (sprich: die Seele bewegend) wie Cannabis beeinträchtigt die Rechtsgüter anderer Menschen nicht und darf deshalb aus ethischer Sicht auch nicht strafbewehrt sein. Dazu gehören auch Vorbereitungshandlungen wie der Anbau, Erwerb und Besitz. Jeder muss auf seine Art genießen können. Und niemand darf, solange der Genuss nicht auf Kosten oder zu Lasten anderer erfolgt, ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören.
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) verstößt in gravierender Weise gegen dieses Grundprinzip der Menschen- und Bürgerrechte, die jedem die Freiheit einräumen, all das zu tun, was keinem anderen schadet. Jeder der gegen diesen Verstoß und für die freie Wahl des Genusses demonstrieren will, ist aufgerufen, sich an einem GMM zu beteiligen.
Cannabis als Medizin
Die Verwendung von Cannabis als Arzneimittel hat eine jahrtausendealte Tradition. In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts verschwanden jedoch Cannabispräparate vom Markt, weil die Pharmaindustrie moderne standardisierte Präparate anbot, die angeblich mit weniger Nebenwirkungen behaftet waren als Cannabis. Zudem verhinderten rechtliche Einschränkungen aufgrund der behaupteten Gefährlichkeit von Cannabis als Rauschmittel die medizinische Verwendung.
Die pharmakologischen Wirkungen von Cannabis sind in jüngster Zeit jedoch wieder stark in den Fokus der medizinischen Forschung gerückt. Verantwortlich für die Wirkungen sind Inhaltsstoffe die als Cannabinoide bezeichnet werden; allen voran das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und das Cannabidiol (CBD). Gut dokumentiert und nachgewiesen ist die Wirksamkeit des Cannabis bei Übelkeit, Erbrechen, und Kachexie. Viele Studien weisen darauf hin, dass ein großes arzneiliches Potential in der Schmerztherapie, bei Depressionen und bei vielen Autoimmunerkrankungen, wie beispielsweise multipler Sklerose und Morbus Crohn vorliegt.
Cannabis und seine Wirkstoffe sind in den Anlagen des BtMG aufgelistet. Aufgabe des des BtMG ist es eigentlich, den Verkehr mit Betäubungsmitteln zum Wohle und gemäß den Bedürfnissen der Patienten zu regeln. Doch für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) scheint das BtMG in erster Linie ein Gesetz zur „Verhinderung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln“ zu sein. Offensichtlich wird beim BfArM die Verbotskultur (besser: Verbotsunkultur) höher bewertet als das Wohl der Patienten. Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin IACM), erklärte hierzu: „Es ist beschämend für ein zivilisiertes Land, dass es für diese Patienten keine andere Lösung findet, als sie wie Verbrecher zu behandeln und ins Gefängnis zu werfen.“ - IACM-News vom 18. August 2007
Die Prohibitionspolitik in der Bundesrepublik Deutschland nimmt Elend und Tod Schwerkranker billigend in Kauf und zeigt damit ihr wahres unmenschliches Gesicht – im vielfachen Leid der Schmerz-, Krebs-, AIDS- oder MS-Patienten zeigt sich, dass die deutsche Drogenpolitik weit mehr von Sadismus als von Recht und Ethik geprägt ist. Weshalb gegen solche staatliche Rechtswidrigkeit nicht schnell und nachhaltig gerichtlicher Rechtsschutz mobilisiert werden kann, ist unerklärlich. Am GMM wird gegen diese unmenschliche und rechtswidrige Politik demonstriert und gefordert, dass natürliches Cannabis für Patienten als Medizin zugelassen wird.
Die Berliner Demonstration zum Global Marihuana March (GMM) 2014 startet am 10. Mai um 14 Uhr am bekannten Cannabisschwarzmarkt Hasenheide und wird am nicht weniger berüchtigten Drogenumschlagplatz Görlitzer Park mit einer Abschlusskundgebung enden. Der Görlitzer Park wurde laut Organisatoren als Ziel gewählt, um dem Coffeeshop-Antrag des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg Nachdruck zu verleihen. Die Demonstraten sehen in der Errichtung von Coffeeshops einen sinnvollen Schritt in Richtung Schadensminderung.
Alle freiheitsliebenden Menschen sind hiermit aufgerufen, an den angemeldeten Demonstrationen teilzunehmen!
Das Federal Bureau of Investigation (FBI) ist der Inlandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten mit Zuständigkeiten in der Terrorismusbekämpfung und der Spionageabwehr und dem Schutz vor Cybercrime. Es untersteht dem US-Justizministerium. Bis heute waren Personen, die in den vorhergehenden drei Jahren Marihuana konsumiert hatten, von der Einstellung ausgeschlossen. Da jedoch allein in diesem Jahr das FBI 2000 neue Mitarbeiter einstellen will und ein großer Teil der Neueinstellungen sich der digitalen Verbrechensbekämpfung widmen soll, muss sich das FBI von der bisherigen Regelung verabschieden, da es in den USA nicht genügend IT-Spezialisten gibt, die nicht kiffen.
Image may be NSFW. Clik here to view. Abbildung 1 zeigt den Direktor des Federal Bureau of Investigation James Brien Comey. Comey ist Republikaner und leitet das FBI seit dem 4. September 2013. Vorher war er stellvertretender Justizminister (US Attorney General) der USA.
Da das FBI offenbar erhebliche Schwierigkeiten hat, genug IT-Fachkräfte für ihre Cybercrime-Abteilung zu finden, erwägt Comey, die strikten internen Bestimmungen zum Konsum von Marihuana seiner Mitarbeiter zu lockern. Comey sagte gemäß des Artikel „FBI-Direktor Comey: Wir können nicht genügend Programmierer aufgrund der Nulltoleranzregeln bei Marihuana finden“ im Wall Street Journal bei einer Konferenz in New York: „Wir müssen exzellente Arbeitskräfte einstellen, um mit den Cyberkriminellen mithalten zu können, und manche dieser ‘Kids’ rauchen eben gerne Gras auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch.“
Offenbar hat der Direktor des FBI erkannt, dass Kiffen nicht dumm macht, sondern, dass die Besten der Besten eben auch kiffen.
„We have been terribly and systematically misled for nearly 70 years in the United States, and I apologize for my own role in that.“ (Wir wurden in den USA schrecklich und systematisch für nahezu 70 Jahre in die Irre geführt, und ich bitte um Verzeihung für meine Rolle, die ich dabei gespielt habe.)
Der Titel des vor 21 Jahren erschienen Buchs “Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf” von Jack Herer und Mathias Bröckers wurde Programm – Cannabis erfuhr eine Renaissance als Nutzpflanze, Lebensmittel und Medizin. Als Genuß,- und Rauschmittel ist es aber nach wie vor illegal, obwohl zweifelsfrei erwiesen ist, dass die Prohibition nicht zu einem wirksamen Jugend,-und Gesundheitsschutz beiträgt. In den Niederlanden, wo es seit Jahrzehnten in Coffeshops verkauft werden darf, wird weniger gekifft als in Deutschland. Nachdem im Mutterland der Prohibition, den Vereinigten Staaten, die ersten Bundesländer per Volksabstimmung eine vollständige Legalisierung beschlossen und Länder wie Portugal mit einer vollständigen Entkriminalisierung sehr gute Erfahrungen gemacht haben, wird eine Reform der Cannabis-Gesetzgebeung auch in Deutschland überfällig. In seiner jetzt im Westend-Verlag erschienenen Streitschrift “Keine Angst vor Hanf – Warum Cannabis legalsiiert werden muß” hat Mathias Bröckers die Argumente für ein sofortiges Ende der Prohibition zusammengefaßt. Im Folgenden ein erster Auszug aus dem Buch – ein weiterer folgt morgen.
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Es reicht! Mehr als 80 Jahre Prohibition, mehr als 130000 Strafverfahren pro Jahr in Deutschland, Milliarden in einem unwirksamen »Krieg gegen Drogen« verschwendete D- Mark und Euro sind genug. Dass der Kollateralschaden dieses Kriegs sehr viel größer ist als sein Nutzen, dass Strafrecht und Kriminalisierung das »Drogenproblem« nicht lösen können und die Politik der Prohibition auf der ganzen Linie gescheitert ist, diese Erkenntnis ist mittlerweile von Gremien der Vereinten Nationen bis in die Bezirksparlamente deutscher Großstädte durchgedrungen. Sie wird von Vertretern der Ärzteschaft ebenso geteilt wie von Polizeipräsidenten, von Studenten ebenso wie von Professoren. So appellierten 120 Strafrechtslehrer im Herbst 2013 mit einer Resolution an die Bundesregierung, das Betäubungsmittelgesetz zu reformieren. Auch vielen Politikern, Entscheidungsträgern, Medienleuten quer durch alle Parteien und weltanschauliche Lager ist das fatale Scheitern des »war on drugs« sehr wohl bewusst, doch in der Regel fordern sie sein Ende erst dann, wenn sie ihre Ämter als Präsidenten oder Minister bereits aufgegeben haben.
Image may be NSFW. Clik here to view.Das Dogma der Prohibition anzugreifen scheint noch immer Gift für politische Karrieren zu sein. Dieses Tabu muss fallen. Statt irrational weiter auf einem destruktiven Irrweg zu beharren, muss eine schadensmindernde Vernunft die Perspektive der Drogenpolitik bestimmen. Statt Durchhalteparolen eines nicht zu gewinnenden Drogenkriegs – »Was verboten, ist bleibt verboten«, verkündete die neue bestallte Bundesdrogenbeauftragte im Februar 2014 ganz in diesem Sinne bei ihrem Antrittsinterview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – müssen wissenschaftlich fundierte Abwägungen über Kosten und Nutzen, über Gefahrenpotential und Regulierungsbedarf in den Diskurs und in die Gesetzgebung einfließen. Statt dem Wildwuchs des Schwarzmarkts und der organisierten Kriminalität das Feld zu überlassen, müssen Jugend- und Verbraucherschutz endlich ernst genommen und durch einen regulierten Markt garantiert werden. Und der Anfang muss mit der am weitesten verbreiteten illegalisierten Substanz gemacht werden: mit Hanf/Cannabis/Marihuana. Dies ist nicht ein »falsches Signal«, wie es die neue Drogenbeauftragte in dem oben erwähnten Interview verkündet, es ist das einzig Richtige, denn es signalisiert den Abschied von einer definitiv gescheiterten Politik und dem fatalen Irrglauben, mit Hilfe von Strafrecht, Polizei und Gefängnis eine drogenfreie Gesellschaft schaffen zu können.
Die Einsicht, dass die Prügelstrafe keine geeignete Methode ist, um die Befähigung zum Rechnen, Lesen und Schreiben zu befördern, ist noch nicht sehr lange selbstverständlich. In Bayern wurden als letztem Bundesland erst 1980 körperliche Züchtigungen im Klassenzimmer gesetzlich abgeschafft. Dass für die Erziehung einer Gesellschaft (und jedes einzelnen) mit berauschenden Substanzen dasselbe gilt und dass Kriminalisierung und Prohibition keine geeigneten Mittel sind – auch diese Einsichten müssen zu einer Selbstverständlichkeit werden. Und an keinem Punkt lässt sich diese Notwendigkeit klarer verdeutlichen als am Verbot des Hanfs und den nach wie vor weitreichenden Widerständen und tiefsitzenden Ängsten vor der Legalisierung einer Pflanze, die seit tausenden von Jahren auch in Deutschland heimisch ist und mit der es bis zur Erfindung der Prohibition nie irgendein Problem gab.
Im Gegenteil: »Mancher Schad’ ist nicht zu heilen durch die Kräuter dieser Welt, Hanf hat viel verzweifelt Böses gut gemacht und abgestellt«, lautet ein altes Sprichwort, das die Brüder Grimm in ihr Deutsches Wörterbuch aufnahmen und das die bedeutende Rolle des Hanfs als Heilpflanze unterstreicht. Von den großen Heilkundigen des Mittelalters wie Paracelsus oder Hildegard von Bingen bis in die Arzneibücher und Apotheken zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Cannabis als Arzneimittel ebenso unverzichtbar wie in der Landwirtschaft als universeller Rohstoff für Textilien, Papier, Seile, Segel und hunderte anderer Produkte. Aus Hanfsamen, einem der proteinreichsten Nahrungsmittel überhaupt, wurden Brot, Suppe und zahlreiche Lebensmittel gemacht. Und die Hanfblüten landeten als »Knaster« in der Pfeife der Bauern, die sich teuren Tabak nicht leisten konnten. Die entspannende Wirkung – es macht »a wengerl rauschig« sagte man in Bayern – war sehr wohl bekannt, doch niemand sah darin etwas Verwerfliches oder gar eine gefährliche Droge, deren Konsum verfolgt und bestraft werden müsste.
Dass freilich Kinder und Jugendliche die Finger davon lassen sollten, macht schon der Pionier des Comicstrips, Wilhelm Busch, in seiner Geschichte von »Krischan mit der Piepe« (1864) deutlich, in der sich ein Junge über das Verbot des Vaters hinwegsetzt und dann aus dem Rauch der Pfeife Gespenster aufsteigen sieht. Der heimkehrende Vater erlöst den berauschten Krischan dann von seinem »Horrortrip« – mit einer Tasse starken Kaffee.
Bis vor 100 Jahren waren Haschischzigaretten eine Normalität in deutschen Tabakläden, und ihr Verschwinden nach dem Ersten Weltkrieg war nicht einem Verbot, sondern einem einsetzenden Trend zum »Leichtrauchen« geschuldet: »Starker Tobak« – als Redewendung für unglaubliche, verrückte Geschichten immer noch ein Begriff – war nicht mehr so gefragt.
Dass der »indische Hanf« 1929 überhaupt ins deutsche Strafgesetzbuch aufgenommen wurde, verdankte sich einem Kuhhandel: In der Kampfabstimmung um das von Ägypten beantragte Cannabisverbot auf der internationalen Opiumkonferenz 1925 hatte Deutschlands Stimme am Ende den Ausschlag gegeben, nachdem die Ägypter im Gegenzug Image may be NSFW. Clik here to view.zugesichert hatten, keine Importverbote für die deutschen Pharma-Bestseller »Heroin« (Bayer) und »Kokain« (Merck) zu erlassen. Auch wenn Cannabis also seit 1929 im deutschen »Opiumgesetz« zumindest auf dem Papier der Prohibition unterworfen war, spielte der Stoff für Polizei und Justiz keinerlei Rolle.
Das erste Strafverfahren in Sachen Hanf in Deutschland wurde erst 1948 aktenkundig; es betraf einen amerikanischen Soldaten, der mit einem Sack Hanfblüten erwischt worden war. Diese wurden dann auch hier als »Marihuana« bezeichnet. Den exotischen Begriff aus dem Mexikanischen hatte der erste Drogenzar der USA, Harry Anslinger, in den 1930er Jahren importiert und mit Unterstützung des Zeitungsmagnaten Hearst eine Kampagne gestartet, die eine der folgenreichsten Propagandaoperationen aller Zeiten wurde.
Auf der Internetseite des Deutschen Bundestags kann ab sofort die Petition von Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, mitgezeichnet werden. Die Petition trägt die Nummer 52664 und kann zur Unterzeichnung auf der Petitionswebsite des Deutschen Bundestags aufgerufen werden.
Text der Petition
Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die Bundesregierung Maßnahmen ergreift, damit die Kosten einer Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis bezahlt werden. Der Bundestag möge zudem beschließen, dass Strafverfahren gegen Patientinnen und Patienten im Zusammenhang mit einer durch einen Arzt bescheinigten notwendigen medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten grundsätzlich eingestellt werden.
Begründung
Patientinnen und Patienten, die von einer Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis profitieren, sollten unabhängig von ihren wirtschaftlichen Verhältnissen einen Zugang zu Cannabisprodukten erhalten. Die inhumane strafrechtliche Verfolgung von kranken Bundesbürgern, die mit Unterstützung ihrer Ärztin bzw. ihres Arztes eine Selbsttherapie mit Cannabis durchführen, muss beendet werden. So würden sowohl die Therapiefreiheit als auch die Menschenrechtssituation kranker Menschen in Deutschland spürbar verbessert.
In Deutschland können drei Medikamente auf Cannabisbasis auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Zudem besteht die Möglichkeit einer Ausnahmeerlaubnis durch die Bundesopiumstelle zur Verwendung von Medizinal-Cannabisblüten aus der Apotheke. In beiden Fällen müssen die Betroffenen die häufig nicht unerheblichen Behandlungskosten meistens selbst tragen.
Daher sind vermögende Patientinnen und Patienten in Deutschland hinsichtlich der Möglichkeiten der medizinischen Nutzung von Cannabisprodukten deutlich besser gestellt als weniger vermögende Patientinnen und Patienten. Es besteht in diesem Bereich eine Zweiklassenmedizin und eine medizinische Unterversorgung. Hunderttausende von Bürgerinnen und Bürgern sind heute mangels erschwinglicher Alternativen gezwungen, sich illegal mit Cannabisprodukten selbst zu therapieren.
In anderen Ländern wurden unterschiedliche Lösungen für dieses Problem gefunden. So erstatten viele Krankenkassen in den Niederlanden eine Behandlung mit Cannabisblüten. In Israel und Kanada sind die Preise für Cannabisprodukte wesentlich niedriger als in Deutschland. In Spanien ist der Anbau von Cannabis für den Eigenbedarf erlaubt.
Wenn man eine ärztlich befürwortete Selbsttherapie nicht legalisieren möchte, so sollte wenigstens der § 31 des Betäubungsmittelgesetzes, nach dem bereits heute ein Strafverfahren eingestellt werden soll, wenn nur eine “geringe Schuld” vorliegt, sinnvoll erweitert werden. Bisher wird von einer geringen Schuld nur ausgegangen, wenn es um den Besitz einer kleinen Cannabismenge geht. Patientinnen und Patienten, die sich mangels Alternativen selbst therapieren, besitzen jedoch notwendigerweise häufig erhebliche Cannabismengen und sind zudem Wiederholungstäter. Es sollte Ärztinnen und Ärzten erlaubt sein, Empfehlungen für eine Selbsttherapie mit Cannabisprodukten auszusprechen, und Strafverfahren gegen Patientinnen und Patienten mit einer solchen ärztlichen Empfehlung sollten ebenfalls grundsätzlich eingestellt werden.
Internationale Vergleiche mit Ländern wie Kanada und Israel zeigen, dass die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis unzureichend ist. Das mit der unhaltbaren gegenwärtigen Situation verbundene körperliche und seelische Leid durch unzureichend behandelte schwere Krankheitssymptome bzw. eine andauernde Angst vor Strafverfolgung darf nicht ohne Not fortgesetzt werden. Hier ist der Gesetzgeber in der Pflicht.
Die Petenten
Der Hauptpetent ist Dr. med. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (IACM). Zu den weiteren Petenten zählen u.a. Dr. med. Ellis Huber, der im Jahr 1987 zum Präsidenten der Ärztekammer Berlin gewählt wurde und dieses Amt nach Wiederwahl 1991 und 1995 bis Anfang 1999 inne hatte; Prof. Dr. Kirsten Müller-Vahl, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Tourette-Gesellschaft Deutschland und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin; Prof. Dr. rer. pol. Heino Stöver, Professor für den Fachbereich Sozialwissenschaften der Fachhochschule Frankfurt am Main; Prof. Dr. Lorenz Böllinger, emeritierter Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Bremen; Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Rolf Verres, Facharzt für psychotherapheutische Medizin, Ordinarius und ärztlicher Direktor der Abteilung Medizinische Psychologie der Psychosomatischen Universitätsklinik Heidelberg; Prof. Dr. Sebastian Scheerer, Kriminologe und Soziologe sowie geschäftsführender Direktor am Institut für Kriminologische Sozialforschung an der Universität Hamburg; Prof. Dr. Matthias Karst, Leiter der Schmerzambulanz in der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Medizinische Hochschule Hannover sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Interdsiziplinäre Medizin Hannover; Dirk Schäffer, Drogenreferent der Deutschen AIDS-Hilfe; Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbandes (DHV) und mehrere Mediziner und Cannabispatienten.
2003: Erste richterliche Erlaubnis zum Anbau von Cannabis
Am 27. November 2003 erhielt Michael Große, ein Patient mit der unheilbaren und phasenweise sehr schmerzlichen Darmkrankheit Morbus Crohn, die richterliche Erlaubnis zum Anbau und zur Verwendung von Cannabis. Der Richter Michael Zimmermann vom Amtsgericht Tiergarten urteilte, dass sich der Angeklagte Michael Große in einer Notstandslage befunden habe und die medizinische Verwendung von Cannabis daher gerechtfertigt sei. Der Staatsanwalt verzichtete darauf, Berufung einzulegen. Damit war das Urteil rechtskräftig. Zum ersten Mal seit mehr als vierzig Jahren durfte wieder ein Patient in Deutschland Cannabis zu medizinischen Zwecken anbauen und konsumieren. Vergl. hierzu: Richter ebnen den Weg für Cannabis als Medizin.
8. Juli 2014: Verwaltungsgericht Köln hilft schwerkranken Patienten
Das Verwaltungsgericht Köln hat drei Patienten das Recht auf Eigenanbau zugesprochen. Die zuständigen Verwaltungsbehörde, das Bundesamt für Arzneimittel, hat nun lediglich noch die Möglichkeit die Modalitäten dieses Eigenanbaus zu beeinflussen, insbesondere gewisse Mindestanforderungen für die Sicherung des Anbaus durchzusetzen. Dabei hat die 7. Kammer des Verwaltungsgericht aber auch klar gestellt, dass für den Eigenanbau von Patienten niedrigere Sicherheitsanforderungen gelten, als für Krankenhäuser oder Apotheken.
Mit diesen Entscheidungen ist das Verwaltungsgericht Köln einen wichtigen Schritt über seine Entscheidung aus dem Jahr 2011 und über die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 11. Juni 2014 hinausgegangen. In diesen Entscheidungen waren die Eigenanbauverbote der Beklagten, der Bundesrepublik Deutschland, zwar auch für rechtswidrig erklärt worden. In den Urteilen hatten die Gerichte aber der Bundesrepublik Deutschland noch Ermessen auch hinsichtlich der „Ob“ eines Eigenanbaus bei den schwerkranken Patienten ohne Therapiealternative eingeräumt. Da das Bundesministerium für Gesundheit die zuständige Behörde, das Bundesamt für Arzneimitteln, angewiesen hat, keine Eigenanbau-Erlaubnis zu erteilen, ist zu befürchten, dass das Ermessen stets zu Ungunsten der Patienten angewandt wird.
Die pharmakologischen Wirkungen von Cannabis sind in jüngster Zeit jedoch wieder stark in den Fokus der medizinischen Forschung gerückt. Verantwortlich für die Wirkungen sind Inhaltsstoffe die als Cannabinoide bezeichnet werden; allen voran das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und das Cannabidiol (CBD). Gut dokumentiert und nachgewiesen ist die Wirksamkeit des Cannabis bei Übelkeit, Erbrechen, und Kachexie. Viele Studien weisen darauf hin, dass ein großes arzneiliches Potential in der Schmerztherapie, bei Depressionen und bei vielen Autoimmunerkrankungen, wie beispielsweise multipler Sklerose und Morbus Crohn vorliegt.
Cannabis und seine Wirkstoffe sind in den Anlagen des BtMG aufgelistet. Aufgabe des des BtMG ist es eigentlich, den Verkehr mit Betäubungsmitteln zum Wohle und gemäß den Bedürfnissen der Patienten zu regeln. Doch für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) scheint das BtMG in erster Linie ein Gesetz zur „Verhinderung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln“ zu sein. Offensichtlich wird beim BfArM die Verbotskultur (besser: Verbotsunkultur) höher bewertet als das Wohl der Patienten. Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin IACM), erklärte hierzu: „Es ist beschämend für ein zivilisiertes Land, dass es für diese Patienten keine andere Lösung findet, als sie wie Verbrecher zu behandeln und ins Gefängnis zu werfen.“ – IACM-News vom 18. August 2007
Die Prohibitionspolitik in der Bundesrepublik Deutschland nimmt Elend und Tod Schwerkranker billigend in Kauf und zeigt damit ihr wahres unmenschliches Gesicht – im vielfachen Leid der Schmerz-, Krebs-, AIDS- oder MS-Patienten zeigt sich, dass die deutsche Drogenpolitik weit mehr von Sadismus als von Recht und Ethik geprägt ist. Weshalb gegen solche staatliche Rechtswidrigkeit nicht schnell und nachhaltig gerichtlicher Rechtsschutz mobilisiert werden kann, ist unerklärlich. Mit der Petition wird gegen diese unmenschliche und rechtswidrige Politik ein Zeichen gesetzt und gefordert, dass natürliches Cannabis für Patienten als Medizin zugelassen wird.
Für viele Patienten ist Cannabis ein wahrer Retter in letzter Not. Die Wirkstoffe in der Hanfpflanze helfen Schmerzen zu lindern, Spasmen und Krämpfe zu unterdrücken, den Brechreiz zu neutralisieren, den Appetit anzuregen, Entzündungen zu hemmen und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern. Doch das Gesundheitsministerium in Deutschland respektive das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) tun sich schwer mit dieser Erkenntnis und behindern die Abgabe von Cannabisblüten an Patienten immer wieder aus Neue. Dies geschieht, obwohl Gerichte seit Jahren im Sinne der Patienten entschieden haben und dem Ministerium respektive dem BfArM rechtswidriges Verhalten attestierten. So urteilte das Bundesverwaltungsgerichtes bereits im Jahre 2005 (BVerwG 3 C 17.04):
„Nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hat jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Dieser Bestimmung kommt im Wertehorizont des Grundgesetzes eine große Bedeutung zu. Leben und körperliche Unversehrtheit sind in weiten Bereichen elementare Voraussetzung für die Wahrnehmung der übrigen Grundrechtsgewährleistungen. In das Recht auf körperliche Unversehrtheit kann nicht nur dadurch eingegriffen werden, dass staatliche Organe selbst eine Körperverletzung vornehmen oder durch ihr Handeln Schmerzen zufügen. Der Schutzbereich des Grundrechts ist vielmehr auch berührt, wenn der Staat Maßnahmen ergreift, die verhindern, dass eine Krankheit geheilt oder wenigstens gemildert werden kann und wenn dadurch körperliche Leiden ohne Not fortgesetzt und aufrechterhalten werden.“
Was hier für den Staat postuliert wird, gilt auch für Krankenkassen. Auch Krankenkassen agieren im geltungsbereich des Grundgesetzes. Vielleicht hilft ihnen das Grundgesetz ja bei der Beurteilung der Situation ein auf die Patienten ausgelegtes Ergebnis zu finden und verweigern nicht mehr so häufig die Kostenübernahme von Cannabis als Medizin.
Tikun Olam – Reparatur der Welt
Der Begriff „Tikun Olam“ ist Hebräisch und bedeutet „Reparatur der Welt“ respektive „Weltverbessserung“. Der Begriff „Tikun Olam“ ist in diversen jüdischen Riten fest verankert und ist Ausdruck der messianischen Hoffnung und „Tikun Olam“ ist auch der Name der größten (legalen) Hanfplantage in Israel. Im Jahr 2007 gab das Gesundheitsministerium in Israel der Biologin Dora Cohen die Erlaubnis, 50 Hanfpflanzen für Schmerzpatienten anzubauen. Aus der kleinen Heimplantage ist inzwischen eine Weltbekannte Firma geworden, die Tikun Olam Ltd.
Israel gilt als das Mutterland der neueren Cannabisforschung. Am Weizmann-Institut für Wissenschaften, das in Rechovot südlich von Tel Aviv liegt, entdeckten die Professoren Raphael Mechoulam und Yehiel Gaoni im Jahre 1964 den Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) der Hanfpflanze. Später entdeckte Mechoulam auch die Wirkmechanismen des THC auf die Rezeptoren im Gehirn. Und Ruth Gallily, emeritierte Professorin für Immunologie an der Hebräischen Universität in Jerusalem, erforschte die Wirkung von Cannabidiol (CBD) und dessen angstlösende und entzündungshemmende Wirkung. Jedoch erst, nachdem ein Dokumentarfilm von Zach Klein zum Thema Cannabis als Medizin im Jahr 2009 im israelischem Fernsehen ausgestrahlt worden war, wurde diese Medizin in Israel langsam populär. Hatten vor dieser Fernsehübertragung nur etwa 400 Patienten in Israel eine Genehmigung für den Gebrauch von Cannabisblüten, so sind es heute weit über 10.000.
Heute bietet die Firma Tikun Olam verschiedene Sorten Cannabis an, so solche die nur THC und kein CBD enthalten wie Erez (23%), Or (20%), Alsaka (29%), Eran Almog (28%) und andere mehr. Andere Sorten enthalten sowohl THC als auch CBD, wie z.B. Midnight (13,6% und 13,9%), El-na (6,5% und 12,5%), Avidekel (1,1% und 16,9%) und Refael (1,1% und 18%).
Leafly – Der Cannabisgesundheitsführer aus Seattle
Leafly wurde im Juni 2010 von Scott Vickers, Brian Wansolich und Cy Scott in Seattle im Staat Washington gegründet. Leafly hat eine Datenbank entwickelt, mit deren Hilfe ein Patient beispielsweise erfährt, wo er Cannabis in den USA erhält und welche Sorte gegen welche Beschwerden hilft. Das Motto der Firma lautet: „The World’s Cannabis Information Resource“. Nach eigenen Angaben hat Leafly.com monatlich vier Millionen Besucher sowie rund 1,6 Millionen App-Downloads. Leafly ist verfügbar für iPhone, iPad und Android.
Auf der Website Leafly.com sind über 800 verschiedene Sorten von Cannabis beschrieben, mit Angaben zu medizinischen Indikationen, Wirkungen und Nebenwirkungen, Geruch und Geschmak sowie Orte in den USA, wo die jeweilige Sorte erhältlich ist. Mittels Filterfunktion können die Sorten nach indica, sativa oder hybrid ausgesucht werden, jedoch auch nach verschiedenen Effekten wie auch für verschiedene Krankheiten.
MyDx – Der Cannabistester
Für Patienten und Genießer wurde in La Jolla in Kalifornien von der Firma CDx Life ein Cannabistester entwickelt, der für 599 US-Dollar vertrieben wird. Das auf Basis von Nanotechnologie arbeitende Gerät ermittelt die Gehalte von verschiedenen Cannabinoiden in Marijuana, so den Gehalt an THC, CBD, CBN, CBG und THCV. Zudem können dann jeweils die Wirkungen der analysierten Probe aufgerufen werden. Die neue Einschätzung von Cannabis als Medizin und als Genussmittel in diversen Bundesstaaten der USA seitens der Bevölkerung und der Politik hat zu einem wahren Innovationsschub in Wissenschaft und Technik geführt. Nutznießer dieser Entwicklung sind somit nicht nur Patienten und Kiffer, sondern immer größer werdende Teile der Gesellschaft.
In Sachen Cannabis ist Deutschland sehr rückständig
Wie eingangs erwähnt, müssen aufgrund der restriktiven respektive prohibitiven Politik der Bundesregierung, Patienten immer noch mehr leiden als nötig. Doch nicht nur Patienten haben das Nachsehen, sondern auch die Wirtschaft, da die derzeitige prohibitive Politik die Forschung behindert respektive stark einschränkt. Die Politik der Bundesregierung gefährdet den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Um dies abzuwenden kann jeder einen Beitrag leisten: Die Petition Cannabis als Medizin unterzeichnen. Eine Neuausrichtung der Cannabispolitik in Deutschland käme nicht nur den Patienten zugute, sondern dem ganzen Land, denn diese würde einen Forschungs- und Innovationsschub auslösen und in der Folge die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen.
Nach schwerer Krankheit ist am Wochenende (20./21. September 2014) Dr. Joachim Eul verstorben. Der gesamte Bereich der Schulter und Oberarm war über Monate hinweg nach einem Unfall und nachfolgender Operation entzündet. Die Ursache (Infektion, endogen wegen Unfall, Medikamenten-Unverträglichkeit, …) konnte nicht geklärt werden. Er war ein eingenwilliger und einzigartiger Mensch, den in seinem Freundeskreis sehr geschätzt wurde und jetzt schmerzlich vermisst wird.
Image may be NSFW. Clik here to view. Abbildung 1: Joachim Eul am 10. September 2014 bei einer Anhörung des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin zu Coffeeshops (Foto: Maximilian Plenert).
Dr. Joachim Eul war Hochschullehrer am Institut für Molekularbiologie und Biochemie der Freien Universität Berlin und hat zu seiner Entdeckung des sog. RNA-Trans-Spleißens in Zellen (d.h. ein Protein kann aus zwei Genen entstehen) eine Habilitationsarbeit und einige Anwendungspatente verfasst. Als Molekularbiolpge war er Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft Bio- und Gentechnik der Grünen in Berlin und Brandenburg. Wissenschaftlich zum Thema Drogen gelangte er erstmals in seiner Dissertation zum Tryptophanstoffwechsel bei höheren Pilzen, der dort zu psychoaktiven Indolderivaten führen kann. Während einiger Südostasienreisen sammelte er unterschiedliche psychoaktive Pilzspezies und schickte sie zur genaueren Art- und Inhaltsstoffbestimmung an verschiedene europäische wissenschaftliche Institute (u.a. in Baarn/Holland).
Joachim Eul wurde 1984 Mitglied der Grünen im Kreisverband Ulm und war seit 1989 Mitglied im Landesverband Berlin. Er war 1991 Mitbegründer der Landesarbeitsgemeinschaft Drogenpolitik (LAG Drogenpolitik, vormals LAG-Drogen) der Grünen Berlin und 1994 als Antragsteller zusammen mit BDK-Delegierten aus München verantwortlich für die erstmalige Aufnahme eines Programmpunktes zu einer rechtlichen Gleichstellung von Cannabis mit Alkohol und Tabak in einem grünen Bundestagswahlprogramm. 2006 hatte Eul mit zehn weiteren Personen (zumeist Wissenschaftler, Ärzte und Juristen) das gemeinnützige Drogen-Forschungsinstitut INEIDFO gegründet, das er zusammen mit Christian Steup (Firma THC-Pharm) als Geschäftsführer leitete, und wo er seitdem mehrere wissenschaftliche Publikationen zu „Gebrauch und Bewertung“ diverser Drogen (u.a. in Sucht-Magazin, Konturen, Sucht-Therapie) veröffentlichte. Zusammen mit der Uni Heidelberg (Prof. Rolf Verres) hatte er zuletzt eine Umfragen-Studie zur empathogenen und sonstigen Bewertung von diversen Amphetamin-Derivaten durchgeführt.
Das Institut INEIDFO in Form einer gemeinnützigen GmbH wurde im Mai 2006 auf der Berliner Drogentagung „Entheovison 3“ von 11 Personen als Gesellschaftern unter den ca. 200 anwesenden Tagungsteilnehmern gegründet. Die Idee zur Gründung des Institutes erfolgte aber bereits einige Monate früher auf einer internationalen Tagung zu LSD und anderen halluzinogen wirkenden Drogen in Basel anlässlich des 100. Geburtstags von Albert Hofmann, dem Entdecker des LSD. Maßgeblich an der Gründungsidee in Basel war auch der zweite Geschäftsführer, Christian Steup, beteiligt, der zudem Gründer und wissenschaftlicher Leiter des Frankfurter Arzneimittelherstellers THC-Pharm ist.
Image may be NSFW. Clik here to view. Abbildung 2: Die Broschüre „Zauberpilze bei uns“ verfasste Joachim Eul zusammen mit Tibor Harrach. Die Broschüre wurde von der Landesarbeitsgemeinschaft Drogenpolitik (LAG Drogenpolitik) der Grünen Berlin produziert und von der Bundespartei herausgegeben. Insgesamt erschienen 7 Auflagen (120.000 Exemplare) dieser Broschüre.
Joachim Eul und drei Emnid-Umfragen
1997 hatte Bernhard Kouchner, Staatssekretär für Gesundheit im französischen Ministerium für Arbeit und Solidarität den Pariser Pharmazieprofessor Bernard Roques, der das Nationale Institut für Gesundheit und medizinische Forschung (INSERM) leitete, beauftragt, die internationale Literatur zu sichten und die Gefährlichkeit von Drogen zu vergleichen. Im Mai 1998 legte er dem Ministerium einen 190 Seiten starken Bericht vor, der von einer zehnköpfigen Expertenkommission und weiteren externen Beratern erstellt worden war. Im Juni 1998 wurde der Bericht der Öffentlichkeit präsentiert. Auch die deutsche Presse berichtete ausführlich über diesen Bericht. Eine der zentralen Aussagen des „Roques-Reports“ an das französische Gesundheitsministerium ist die Einteilung der Substanzen in drei Risikogruppen. Zu den gefährlichsten Mitteln zählen danach Opiate, Alkohol und Kokain. In die mittlere Kategorie fallen Ecstasy, Aufputschmittel, Benzodiazepine (Beruhigungsmittel) und Tabak. Relativ geringe Risiken seien dagegen mit Cannabisprodukten wie Haschisch und Marihuana verbunden. Dennoch war im Jahr 2001mehr als die Hälfte der Bayern (54%) der Meinung, dass Gras und Haschisch für die Gesundheit schädlicher seien als Alkohol; in der Hauptstadt Berlin teilte nicht einmal ein Viertel der Befragten (23%) diese Ansicht. Die Mehrheitsmeinung der Bayern entsprach auch der Ansicht der Mehrheit der Deutschen mit Volksschulbildung (52% bis 53%), der Deutschen die REPs, DVU oder NPD wählen (57%) wie auch der Deutschen, die CDU respektive CSU wählen (53%). Im Gegensatz dazu glaubte nur eine Minderheit von 29% der Deutschen mit Abitur oder Hochschulabschluss, dass Cannabisprodukte schädlicher seien als Alkohol. Von den Deutschen, die Grün wählen, teilte sogar nur jeder Fünfte (20%) diese Ansicht, bei den Wählern der PDS etwa jeder Dritte (34%). Bei Wählern rechtsradikaler oder rechtskonservativer Parteien wie auch in den Bevölkerungsschichten mit niedrigem Bildungsniveau herrschte mehrheitlich die Meinung vor, dass Cannabisprodukte für die Gesundheit schädlicher seien als Alkohol, bei Wählern der Parteien aus der Mitte (SPD, FDP) wie auch in Schichten mit mittlerem Bildungsniveau wurde die Schädlichkeit von Cannabisprodukten und Alkohol etwa gleich groß eingeschätzt, bei Wählern der linksgrichteteten PDS und der Grünen wie in Schichten mit hohem Bildungsniveau wurde hingegen Alkohol als gefährlicher eingeschätzt als Cannabisprodukte. Dies war das Ergebnis einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Landesarbeitsgemeinschaft Drogen (LAG-Drogen) von Bündnis 90/Die Grünen vom August 2001.
In den Jahren 2002 und 2010 gab die LAG-Drogen zwei weitere Emnid-Umfragen in Auftrag. Joachim Eul stellte in der Auswertung der drei Emnid-Erhebungen zu Cannabis fest, dass der Anteil bei den Grünwählern für einen legalen Verkauf von 2002 bis 2010 von 28% auf 20% gesunken ist, bei den Wählern der Linken jedoch von 9% auf 23% gestiegen ist. Für keinerlei Ahndung bei einfachen Besitz sank im gleichen Zeitraum die Zustimmung bei Grünwählern von 15% auf 9%, bei den Linkswählern stieg diese jedoch von 5% auf 17%. Diese Erkenntnisse waren für Eul schwer zu verkraften, er haderte deshalb oft mit seiner Partei, blieb ihr jedoch treu.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass vor der Umfrage 2010 zwei Studien veröffentlicht wurden, in denen sich deutlich zeigte, dass die Experten Cannabis gemäß aller untersuchten Kriterien als signifikant weniger gefährlich einstuften als Alkohol. David Nutt stellte 2007 eine Studie vor, die über Großbritannien hinaus für Aufregung sorgte. Er und seine Kollegen von der University of Bristol hatten zwei unabhängige Expertengruppen gebeten, die häufigsten legalen und illegalen Rauschmittel hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit zu bewerten. In der Studie „Ranking van drugs – Een vergelijking van de schadelijkheid van drugs“ (Ranking von Drogen – Ein Vergleich von der Schädlichkeit diverser Drogen) des Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu in Bilthoven im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport aus dem Jahr 2009 haben 20 Experten die Gefährlichkeit von Drogen für das Individuum wie auch für die Gesellschaft untersucht.
Joachim Eul – Aktivist und Demonstrant
Joachim Eul prägte nicht nur über viele Jahre hinweg mit Silke Kolwitz und Tibor Harrach das Erscheinungsbild der Landesarbeitsgemeinschaft Drogenpolitik der Grünen Berlin, sondern war auch stets auf Demonstrationen wie Hanfparade, Hanftag oder Global Marijuana March (GMM) präsent. Meist sah man ihn nicht nur mitten im Demonstrationszug, sondern auch am Stand der Grünen. Fast immer hatte er einen stoß Fragebögen zum Thema Drogen dabei so wie ein Schild mit einem Text wie „Drogenforschung hier und jetzt“ in seiner Nähe plaziert. Und er sammelte eifrig Informationen zu Drogenmischkonsum, Drogen und Sex und insbesondere zu Drogen und Safersex von denen, die damit Erfahrungen hatten, den Konsumenten. Tausende von Fragebögen hat er ausfüllen lassen und ausgewertet.
Image may be NSFW. Clik here to view. Abbildung 3: Joachim Eul auf der Hanfparade mit seinem unverwechselbaren Kopfschmuck (Foto: Kathrin Gebhardt).
Joachim Eul – Drogenforscher
In den Jahren 2000 bis 2002 führten Joachim Eul, Gundula Barsch und Tibor Harrach eine Studie zu Prävalenzen und Konsumbewertungen von Formen des Drogenmischkonsums durch. Die Erhebung erfolgte vorwiegend an Parties und anderen Veranstaltungen unter freiem Himmel mittels eines standardisierten Fragebogens. Befragt wurden 1.289 Personen, 515 an Technoparties respektive an der Loveparade, 386 an der Hanfparade in Berlin, am Hanffest in Hamburg und anderen für die Hanfszene typischen Veranstaltungen und 379 an alternativen Straßenfesten (Teilgruppe ohne spezielle Szenenzuordnung). Zudem wurden 9 ausgefüllte Fragebögen per Post retourniert. Insgesamt machten 1.218 Personen eingehende Konsumangaben zu Alkohol und illegalisierten Drogen, 1.166 davon (95,7%) hatten Erfahrungen mit dem Konsum von mindestens einer illegalisierten Substanz. Datenquelle: Joachim Eul, Gundula Barsch, Tibor Harrach: Prävalenzen und Konsumbewertungen – Drogenmischkonsum anders verstehen, in: Wiener Zeitschrift für Suchtforschung, Jg. 27 2004 Nr. 4, S. 49-60, Nachdruck im Heft 1/2007 in der Zeitschrift Konturen.
In der Pressemitteilung vom 31. August 2006 zum Drogenmischkonsum von der Redaktion Webteam www.eve-rave.net Berlin sind unter dem Titel „Drogenmischkonsum – Konsumhäufigkeiten und Konsumbewertungen“ die Daten der oben genannten Studie mit vergleichbaren Daten aus der Schweiz verglichen worden. Bemerkenswerte Erkenntnisse wie die Tatsache, dass Mischkonsumerfahrungen mit Alkohol überwiegend ambivalent oder negativ beurteilt wurden, jedoch dass Mischkonsumerfahrungen mit Cannabis überwiegend positiv beurteilt wurden, wird man beim Lesen dieser Auswertung der Daten gewinnen können.
Das Sammeln der Konsumbewertungen erfolgte fast ausschließlich durch Joachim Eul. Ob auf der Love Parade am Stand von Eve & Rave Berlin, dem Fusion Festival im Bereich der Space Bar, auf dem Open Air Antaris in der Yoga Town oder der Hanfparade am Stand der Grünen, Joachim Eul hatte sie dabei, die Fragebögen. Einige Leute kannten ihn und kamen zu ihm und fragten auch, ob er wieder eine neue Umfrage gestartet habe. Bejahte er diese Frage, fingen diese oft gleich an, den neuen Fragebogen auszufüllen. Er genoss das Vertrauen der Konsumenten, weil er die Ergebnisse der Umfragen neutral und übersichtlich dem interessierten Publikum in sachlicher Form präsentierte. Dafür hat er beispielsweise auf der internationalen europäischen NEWIP Konferenz „Proceedings of Nights 2013: health, pleasure and communities“ vom 25. bis 27. September 2013 in Padua (Italien) für die Vorstellung seiner Studie„The influence of various drugs consumed on sociableness, sexual performance and safer sex behaviour“ den zweiten Publikumspreis gewonnen. Damit hat er Koryphäen wie zum Beispiel David E. Nichols, dem Godfather der universitären Legal High Forschung, deutlich hinter sich gelassen.
Drogen, Liebe und Sex sowie das Risikoverhalten im Sexualleben unter Drogeneinfluss waren die Kernthemen seiner Forschung. Die Auswertung seiner vergleichenden Studie zu Änderungen des Risikobewusstseins und der Risikovermeidung im Sexualverhalten unter Drogeneinfluss präsentierte er auf diversen Kongressen. Fazit: „Liebe und Sex sind auch ohne Drogen schön, aber nach Konsum bestimmter Drogen meist noch schöner, interessanter und besser.“ Dies ergab eine Befragung von mehr als 1600 Konsumenten verschiedener Drogen (von Alkohol bis Kokain). Drogen wirken dabei sehr vielfältig: Sie fördern Kontakte und bauen (sexuelle) Hemmungen gegenüber anderen ab (Alkohol, Ecstasy, Amphetamine, Kokain, etc.), sie verändern oder erhöhen taktile, optische und akustische Sinnesempfindungen (Cannabis, Halluzinogene, etc.), sie verstärken die Lust auf Sex (Alkohol, Amphetamine, Kokain, etc.), fördern die männliche Erektion (Kokain, Yohimbe, etc.) und intensivieren das Orgasmuserleben (Cannabis, Poppers, Halluzinogene, etc.). Der Orgasmus selbst ist dabei jedoch gegenüber dem nüchternen Zustand oft stark verzögert, die Plateauphase der ekstatischen Erregung vom Beginn etwa der Erektion bis zum erfolgten Orgasmus, die nüchtern vielleicht einige Minuten dauert, wird so auf sehr viele Minuten bis Stunden angehoben. Insbesondere Frauen, deren männliche Partner ansonsten nüchtern „zu früh kommen“, bevor diese Frauen ihren Orgasmus erreicht haben, schätzen deshalb, wenn Ihr Partner oder Freund beim Sex „auf bestimmten Drogen ist“.
Die Kehrseite eines Drogenkonsums vor dem Sex ist hingegen, dass unter der hier stark angehobenen Enthemmung und „Geilheit“ verbunden oft auch mit Drogen-induzierten Einschränkungen des rationalen Urteilsvermögens besondere Schutzmaßnahmen wie ein Kondomgebrauch zur Schwangerschaftsverhütung (im Suff gezeugt …) oder zur Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten inklusive AIDS deutlich öfter als nüchtern, insbesondere nach Konsum bestimmter Drogen wie hoch dosierter Alkohol, Poppers, Crystal oder GHB auf der Strecke bleiben, wie eine Folgestudie des Berliner Drogenforschungsinstitutes INEIDFO mit bislang einigen hundert befragten Personen auswies.
Zur Verdeutlichung der Systematik seiner Arbeit ist hier eine Abbildung wiedergegeben aus seiner Studie „The influence of different used drugs onto changes in desire for love, desire for sex, sexual performance and the use of condoms (safer sex) in comparison with the sober state, Results of two surveys with 1,600 (A) and 700 (B) techno party participants“ (Einfluss unterschiedlicher Drogen auf das Bedürfnis nach Liebe und nach Sex sowie auf die Fähigkeit zum Sex und den Gebrauch von Kondomen im Vergleich zum Verhalten in nüchternem Zustand, Resultate von zwei Umfragen mit 1.600 (A) und 700 (B) auf Techno-Partys).
Image may be NSFW. Clik here to view. Abbildung 4: Die Übersicht zeigt den Anteil des Gebrauchs von Kodomen in absoluten Zahlen und gewichtet unter dem Einfluss verschiedener Drogen sowie weitere Parameter in Bezug zum Sex.
Den 20. Jahrestag seines Bestehens wird das Hanf Museum am Mühlendamm 5 im Nikolaiviertel am Samstag, 6. Dezember 2014, mit einem Tag der offenen Tür (Gratiseintritt) und einem umfangreichem Rahmenprogramm feiern. Höhepunkt der Feierlichkeiten wird eine Podiumsdiskussion, die ab 16:00 Uhr unter dem Motto „die wilden Neunziger“ einen Blick zurück auf die Gründerzeit der deutschen Legalisierungsbewegung werfen wird. Mit von der Partie werden sein: Mathias Bröckers (Autor u.a. „Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf“, „Keine Angst vor Hanf: Warum Cannabis legalisiert werden muss“), Rolf Ebbinghaus (Vorstand H.A.N.F. e.V., Kurator des Hanf Museums), Martin Müncheberg (von 1998 bis 2004 Sprecher und Koordinator der Hanfparade, Mitherausgeber und Geschäftsführer der THCENE), Matthias Schillo (Rechtsanwalt u.a. von „Kim will Kiffen“ und Günther Weiglein) sowie Wolfgang Nešković (Richter am Bundesgerichtshof a.D., ehem. MdB, Cannabisbeschluss 1994).
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 1 zeigt die Teilnehmer der am 6. Dezember 2014 anberaumten Diskussionsrunde: Wolfgang Nešković, Rolf Ebbinghaus, Mathias Bröckers, Matthias Schillo und Martin Müncheberg.
Im Hanf Museum dreht sich alles um die Kulturpflanze Hanf (Cannabis). Besucher können die seit Jahrzehnten verbotene Pflanze auf rund 300 Quadratmeter als traditionsreichen Begleiter des Menschen neu kennenlernen. Neben Hanf als Quelle für Baustoffe, Textilien oder Papier widmet sich das Hanf Museum seinem Potenzial als nebenwirkungsarme Medizin und hinterfragt die Auswirkungen des Verbots berauschender Cannabisprodukte wie Haschisch und Marihuana.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 2 zeigt das Hanf Museum im Nikolaiviertel in der Mitte von Berlin mit nächtlicher Festbeleuchtung. Foto aus der Chronik „20 Jahre Hanf Museum“.
Das Hanf Museum nimmt regelmäßig an der Langen Nacht der Museen, den Berliner Märchentagen sowie der im Nikolaiviertel stattfindenden Historale teil. Das Museum fördert zudem auch aktiv den Kinder- und Jugendschutz und bietet dafür individuell abgestimmte Rundgänge mit Betreuungspersonal durch die Ausstellung. Viele Schulklassen besuchen deshalb das Hanf Museum, damit die Jugendlichen ihr Wissen über Hanf vertiefen können und nicht nur das lernen, was über diese Pflanze und ihre Nutzung in den Schulbüchern steht.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 3 zeigt eine blühende Hanfpflanze aus der Vitrine mit lebenden Hanfpflanzen im Hanf Museum. Die Hanfpflanze hat in vielen Kreisen des kulturellen Lebens einen echten Kultstatus und wird verehrt wie die Lotusblüte im Kreise der Zenmönche. Foto aus der Chronik „20 Jahre Hanf Museum“.
Die Ausstellung, die alle Themen rund um den Hanf behandelt, bietet Informationen zur Hanfernte, zur Hanfverarbeitung und zu Hanffabriken, zum Hanf in der Medizin, zum Hanf als Nahrungsmittel, zum Hanf als Baustoff, zum Hanf als Grundstoff für Papier, Seile und Textilien, zu Hanföl in der Kosmetik, zum Hanfsamenverbot und zu vielen Dingen, die so mancher schon immer über Hanf wissen wollte.
Die Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten von Hanferzeugnissen lässt erahnen, wie wichtig die Wiedereingliederung dieser Kulturpflanze in unsere Wirtschaft ist. Der Raubbau und die Ausbeutung fossiler Rohstoffe ist schon lange mit unkalkulierbaren Folgen respektive Folgekosten verbunden. Darum sollte die Gesellschaft wieder lernen, seine täglichen Bedürfnisse mit nachwachsenden Rohstoffen zu befriedigen, so dass auch uns nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Erde vorfinden. Im Hanf Museum wird gezeigt, in welch vielfältiger Weise Hanf genutzt wurde und auch in Zukunft nachhaltig genutzt werden kann.
Auch Gegenstände zum Gebrauch von Hanf als Genussmittel sind im Hanf Museum zu sehen. Die ausgestellten Rauchgeräte wie Purpfeifen, Wasserpfeifen, Bongs und Chillums zeigen die vielseitigen Aspekte der Rauchkultur aus der Vergangenheit und der Gegenwart.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 4 zeigt kunstvoll hergestellte Purpfeifen aus Meerschaum. Foto aus der Chronik „20 Jahre Hanf Museum“.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 5 zeigt verschiedene Rauchgeräte wie Wasserpfeifen und Chillums in einer Vitrine des Hanf Museums. Foto aus der Chronik „20 Jahre Hanf Museum“.
Chronik 20 Jahre Hanf Museum
Anlässlich des Gründungsjubiläums wird am Samstag, 6. Dezember 2014, eine auf 50 Exemplare limitierte und reich bebilderte Chronik „20 Jahre Hanf Museum“ der Öffentlichkeit vorgestellt, die die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte und den Verlauf dieses ganz besonderen Projekts widerspiegelt. Auf der einen Seite werden viele Sonderausstellungen und Museumshöhepunkte aufgelistet, auf der anderen Seite wird die Entstehung diverser Ausstellungen und anderer Aktivitäten beschrieben. Mit vielen Bildern untermalt ist so ein interessanter Rückblick über die vergangenen zwanzig Jahre Hanf Museum entstanden. Die Geburtstagsauflage der Chronik „20 Jahre Hanf Museum“ wird passend zum Anlass zwanzig Euro kosten.
Hanfparade @ Hanf Museum
Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass zwischen der einzigen dauerhaften Bildungseinrichtung zum Thema Cannabis – dem Hanf Museum – und der einzigen dauerhaften deutschen Legalisierungsveranstaltung – der Hanfparade – eine einzigartig enge Beziehung besteht. Schon die Geburt der Hanfparade 1997 wäre ohne die Räumlichkeiten und Menschen am Mühlendamm undenkbar gewesen.
Die Hanfparade war dabei weit häufiger Nutznießer der Beziehung als dies von außen sichtbar ist. So verzichtet das Hanf Museum schon seit mehr als zehn Jahren auf jegliche Raummiete für die im Café des Museums wöchentlich stattfindenden Treffen des OrgaTeams der Hanfparade. Mit dem Nutzhanfareal betreibt das Museum darüber hinaus jedes Jahr einen wesentlichen Teil der Abschlusskundgebung der Hanfparade und stellt dafür neben Teilen der Dauerausstellung auch Helfer bereit.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 6 zeigt einen Teil des Nutzhanfareals auf der Abschlusskundgebung der Hanfparade auf der Straße des 17. Juni im Tiergarten zu Berlin. Foto aus der Chronik „20 Jahre Hanf Museum“.
Auch das Museum profitiert vom KnowHow der Paradenmacher. Bei personalintensiven Veranstaltungen wie den „Langen Nächten der Museen“ unterstützen die Paradenmacher die Crew des Hanf Museums. Auf den internationalen Hanffachmessen oder auf Kongressen vertreten sich die OrgaTeams des Museums und der Hanfparade wechselseitig oder betreiben gemeinsame Informationsstände. Neuestes Kind der Organisationsfreundschaft ist ein gemeinsamer Technikpool mit Audio- und Videohardware, der wechselseitig genutzt wird und auch szenenahen Projekten kostenlos zur Verfügung gestellt wird.
Um die Freundschaft zwischen Hanf Museum und Hanfparade zu dokumentieren wird am 6. Dezember 2014 nicht nur die Chronik „20 Jahre Hanf Museum“ der Öffentlichkeit vorgestellt, sondern auch die Grafik für das Poster und die Flyer der kommenden Hanfparade am 8. August 2015. Gestaltet wurde der Flyer wie in den Vorjahren von Doro Tops. Die Flyer werden ab dem Nikolaustag im Hanf Museum zur Abholung für Menschen, die gerne Hanfparadeflyer verteilen, vorrätig gehalten.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 7 zeigt die erste Version der Flyer für die Hanfparade im kommenden Jahr, die am 8. August 2015 starten wird. Grafik: Doro Tops.
Gäste, die am Samstag, 6. Dezember 2014, das Hanf Museum besuchen, dürfen sich außer auf die Präsentation der Chronik „20 Jahre Hanf Museum“ und der Diskussionsrunde mit hochkarätigen Repräsentanten der „wilden Neunziger“ der deutschen Legalisierungsbewegung auch auf eine Sonderausstellung, ein Hanf-Buffet sowie ein Museumskino mit bewegten Erinnerungen an zwei Jahrzehnte „Bildungsarbeit im Dienste der Hanf-Legalisierung“ freuen.
Derzeit ist Cannabis als Medizin in 23 Bundesstaaten der USA legal und in zwei Bundesstaaten (Colorado, Washington) ist auch der Gebrauch von Cannabis zu Genusszwecken legal. Im kommenden Jahr wird man auch in Alaska und in Oregon legal Cannabis zu Genusszwecken besitzen dürfen und man wird dort, wie schon in Colorado und Washington, ohne Angst vor Repressalien kiffen können.
Auch in Washington D.C. (Hauptstadt der USA, nicht zu verwechseln mit dem Bundesstaat Washington an der Westküste) gab es bei der Abstimmung am 4. November 2014 eine Mehrheit von 70 Prozent für die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken. Doch das Votum der Bürger kann nicht umgesetzt werden, da der US-Kongress das Sagen in der Hauptstadt hat und im Kongress (Senat und Repräsentantenhaus) die Republikaner die Mehrheit haben. Anführer der Legalisierungsgegner ist der Republikaner Andrew P. Harris aus dem Bundesstaat Maryland. Harris behauptet, dass Cannabis eine Einstiegsdroge sei und keinen medizinischen Nutzen habe.
Einer der wichtigsten Sponsoren von Harris ist der Hersteller von Pharmazeutika Emergent BioSolutions in Rockville, Maryland. Emergent BioSolutions stellt u.a. Schmerzmittel her, die bei Krebserkrankungen häufig verschrieben werden. Cannabis wird auch in diesem Bereich eingesetzt und ist somit ein Konkurrenzprodukt zu den Produkten von der Firma Emergent BioSolutions. Cannabis ist jedoch verträglicher und die Gefahr einer Überdosierung ist weit geringer als bei einem Opioid. Gemäß einer Studie, die im Oktober 2014 publiziert wurde, ist die Häufigkeit von Todesfällen aufgrund von Überdosierungen mit Opioiden in Bundesstaaten, in denen Cannabis als Medizin zulässig ist, um 24,8 Prozent geringer als in Bundesstaaten, in denen es keine legale Abgabe von Cannabis als Medizin gibt. Doch für Harris ist Sponsoring wichtiger als Menschenleben oder ein demokratisches Votum.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 1 zeigt die Zeitreihe der Legalisierung von Cannabis als Medizin in US-Bundesstaaten von 1996 bis 2014. In Kalifornien wurde 1996 über die Legalisierung von Cannabis als Medizin abgestimmt. 1997 wurden die ersten Abgabestellen eröffnet und seit 1997 können Patienten in Kalifornien Cannabis als Medizin nutzen. In der Zwischenzeit sind 22 weitere US-Bundesstaaten hinzu gekommen. Derzeit können gut 40 Prozent der US-Bevölkerung bei Bedarf auf Cannabis als Medizin zugreifen. Seit einem Jahr können in zwei Bundesstaaten (Colorado, Washington) die Einwohner auch Cannabis zu Genusszwecken ganz legal nutzen. Entsprechend wird in den Medien heute wesentlich differenzierter, sachlicher und oft auch positiver über cannabis berichtet als noch vor 10 oder 15 Jahren. Dennoch hat der Anteil der Schüler, die Cannabis konsumieren, seit der Einführung von Cannabis als Medizin 1997 in Kalifornien bis heute nicht zu-, sondern abgenommen.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 2 zeigt die Zeitreihe des Cannabiskonsums von Schülern der 8. Klasse von 1995 bis 2014. Die obere blaue Linie zeigt die Jahres-Prävalenz (mindestens einmal im letzten Jahr konsumiert) des Cannabiskonsums. Dieser sank von 17,7 Prozent im Jahr 1997 auf 11,7 Prozent im Jahr 2014 um 6 Prozentpunkte. Auch die Monats-Prävalenz ist in diesem Zeitraum gesunken, insgesamt um 3,7 Prozentpunkte. Der tägliche Konsum (20 mal oder häufiger im letzten Monat gekifft) ist nahezu unverändert geblieben (-0,1 Prozent). Von 2013 bis 2014 ist auch in allen drei Kategorien eine Abnahme zu beobachten. Die Legalisierung in Colorado und Washington hat nicht zu einem Anstieg des Konsums bei Schülern in den USA geführt. Die Daten wurden am 16. Dezember 2014 vom National Institute on Drug Abuse (NIDA) veröffentlicht und sind auf der Website Monitoring the Future (MTF) survey verfügbar.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 3 zeigt die Zeitreihe des Cannabiskonsums von Schülern der 10. Klasse von 1995 bis 2014. In dieser Altersstufe sank die Jahres-Prävalenz von 1997 bis 2014 um 7,5 Prozentpunkte, die Monats-Prävalenz um 3,9 Prozentpunkte und der tägliche Konsum um 0,3 Prozentpunkte. Von 2013 bis 2014 ist auch in dieser Altersstufe in allen drei Kategorien eine Abnahme zu beobachten.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 4 zeigt die Zeitreihe des Cannabiskonsums von Schülern der 12. Klasse von 1995 bis 2014. In dieser Altersstufe sank die Jahres-Prävalenz von 1997 bis 2014 um 3,4 Prozentpunkte, die Monats-Prävalenz um 2,5 Prozentpunkte und der tägliche Konsum ist heute genauso hoch wie 1997. Von 2013 bis 2014 ist jedoch in dieser Altersstufe in allen drei Kategorien eine Abnahme zu beobachten.
Der konservative Republikaner Andrew P. Harris betont immer wieder in seinen Kampagnen gegen die Legalisierung, dass eine solche „ein völlig falsches Signal“ sei, welches „dazu führen werde, dass Jugendliche zuhauf der Rauschgiftsucht verfallen“ würden. Die Daten der Studien zeigen, dass die geäußerten Befürchtungen von Harris jeglicher Grundlage entbehren. Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, bläst ins gleiche Horn wie Harris. Auch sie betont immer wieder, dass eine Legalisierung das „falsche Signal“ sei und betont, dass das „Kleinreden der Gefahren dieser Droge durch Legalisierungsbefürworter“ absolut „verantwortungslos“ sei. Harris wie Mortler scheinen beide in der gleichen Festung der Ignoranz beheimatet zu sein.
Vergl. hierzu: Harald Staun: „Schützt unsere Kinder, stoppt die Prohibition!“ in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom Montag, 22. Dezember 2014.
Die Meinungen über die Wirkung von Drogen sind bei der Bevölkerung in Deutschland sehr unterschiedlich. Dies wird hier am Beispiel der Meinungen zur „Gesundheitsschädigung durch Alkohol und Hanfkraut oder Haschisch“ aufgezeigt. Anhand der Ergebnisse von zwei repräsentativen Umfragen aus den Jahren 2001 und 2014 wird ersichtlich, wie gering der Einfluss wissenschaftlicher Erkenntnisse auf die Meinungsbildung ist.
Gesundheitsschädigung durch Alkohol und Haschisch
1997 hatte Bernhard Kouchner, Staatssekretär für Gesundheit im französischen Ministerium für Arbeit und Solidarität den Pariser Pharmazieprofessor Bernard Roques, der das Nationale Institut für Gesundheit und medizinische Forschung (INSERM) leitete, beauftragt, die internationale Literatur zu sichten und die Gefährlichkeit von Drogen zu vergleichen. Im Mai 1998 legte er dem Ministerium einen 190 Seiten starken Bericht vor, der von einer zehnköpfigen Expertenkommission und weiteren externen Beratern erstellt worden war. Im Juni 1998 wurde der Bericht der Öffentlichkeit präsentiert. Auch die deutsche Presse berichtete ausführlich über diesen Bericht. Eine der zentralen Aussagen des „Roques-Reports“ an das französische Gesundheitsministerium ist die Einteilung der Substanzen in drei Risikogruppen. Zu den gefährlichsten Mitteln zählen danach Opiate, Alkohol und Kokain. In die mittlere Kategorie fallen Ecstasy, Aufputschmittel, Benzodiazepine (Beruhigungsmittel) und Tabak. Relativ geringe Risiken seien dagegen mit Cannabisprodukten wie Haschisch und Marihuana verbunden. Gemäß dieser Studie ist die Behauptung „der Konsum von Hanfkraut oder Haschisch sei gefährlicher als der Konsum von Alkohol“ ein Irrglaube.
Verbreitung des Irrglaubens im Jahr 2001
Obwohl die Medien ausführlich über die Ergebnisse dieser Studie berichteten, war im Jahr 2001 mehr als die Hälfte der Bayern (54%) im Jahr 2001 der Meinung, dass Gras und Haschisch für die Gesundheit schädlicher seien als Alkohol; in der Hauptstadt Berlin teilte nicht einmal ein Viertel der Befragten (23%) diese Ansicht. Die Mehrheitsmeinung der Bayern entsprach auch der Ansicht der Mehrheit der Deutschen mit Volksschulbildung (52% bis 53%), der Deutschen die REPs, DVU oder NPD wählten (57%) wie auch der Deutschen, die CDU respektive CSU wählten (53%). Im Gegensatz dazu glaubte nur eine Minderheit von 29% der Deutschen mit Abitur oder Hochschulabschluss, dass Cannabisprodukte schädlicher seien als Alkohol. Von den Deutschen, die Grün wählten, teilte sogar nur jeder Fünfte (20%) diese Ansicht, bei den Wählern der PDS etwa jeder Dritte (34%).
Bei Wählern rechtsradikaler oder rechtskonservativer Parteien wie auch in den Bevölkerungsschichten mit niedrigem Bildungsniveau herrschte im Jahr 2001 mehrheitlich die Meinung vor, dass Cannabisprodukte für die Gesundheit schädlicher seien als Alkohol, bei Wählern der Parteien aus der Mitte (SPD, FDP) wie auch in Schichten mit mittlerem Bildungsniveau wurde die Schädlichkeit von Cannabisprodukten und Alkohol etwa gleich groß eingeschätzt, bei Wählern der linksgrichteteten PDS und der Grünen wie in Schichten mit hohem Bildungsniveau wurde hingegen Alkohol als gefährlicher eingeschätzt als Cannabisprodukte. Dies war das Ergebnis einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Landesarbeitsgemeinschaft Drogen (LAG-Drogen) von Bündnis 90/Die Grünen vom August 2001. Die folgenden zwei Tabellen zeigen die Aufschlüsselung der Antworten auf die Frage zur Zustimmung der Behauptung: „Der Konsum von Hanfkraut oder Haschisch ist gesundheitsschädlicher als der Konsum von Alkohol.”
Image may be NSFW. Clik here to view.Tabelle 1 zeigt den Grad der Zustimmung oder Ablehnung der Behauptung, der Konsum von Hanfkraut oder Haschisch sei gefährlicher als der Konsum von Alkohol aufgeschlüsselt nach Bildungsgrad gemäß Umfrage aus dem Jahr 2001. Zum Vergrößern der Abbildung, bitte Bild anklicken.
Image may be NSFW. Clik here to view.Tabelle 2 zeigt den Grad der Zustimmung oder Ablehnung der Behauptung, der Konsum von Hanfkraut oder Haschisch sei gefährlicher als der Konsum von Alkohol aufgeschlüsselt nach Parteipräferenz gemäß Umfrage aus dem Jahr 2001. Zum Vergrößern der Abbildung, bitte Bild anklicken.
Studien aus den Jahren 2007 bis 2010
In der Studie „Ranking van drugs – Een vergelijking van de schadelijkheid van drugs“ (Ranking von Drogen – Ein Vergleich von der Schädlichkeit diverser Drogen) des Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu in Bilthoven im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport haben 20 Experten die Gefährlichkeit von Drogen für das Individuum wie auch für die Gesellschaft untersucht. Die Studie, in der Alkohol gemäß diverser Kriterien als signifikant gefährlicher als Cannabis eingestuft wurde, wurde im Jahr 2009 veröffentlicht. Zum Expertenteam gehörten Apotheker, Ärzte, Biologen, Epidemiologen, Psychiater, Toxikologen sowie Experten der Polizei. Die Niederländer untersuchten die akute sowie die chronische Toxizität von Drogen, das sogenannte Abhängigkeitspotenzial und zudem die individuelle sowie die gesellschaftliche soziale und allgemeine Schädigung. In den Abbildungen des Artikels „Plädoyer für Magic Mushrooms Social Clubs“ in diesem Blog sind die Ergebnisse dieser Studie in der Übersicht dargestellt.
Die Medien berichteten ausführlich über die Studien von David Nutt in Großbritannien. Dennoch glaubten im Jahr 2014 gemäß einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap im Auftrag des Deutschen Hanfverbands 20% der Bevölkerung in Deutschland, dass der Konsum von Cannabis gefährlicher sei als der Konsum von Alkohol. Auch im Jahr 2014 zeigte es sich, dass Menschen mit höherer Schulbildung weniger anfällig für diesen Irrglauben sind als Menschen, die nur die Haupt- oder Volksschule besucht haben.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass im Jahr 2014 mehr SPD-Wahler (27%) als CDU/CSU-Wähler (22%) glaubten, dass der Konsum von Cannabis gefährlicher sei als der Konsum von Alkohol. Im Jahr 2001 stimmten noch 30% der CDU/CSU-Wähler dieser Aussage voll und ganz zu, jedoch nur 23% der SPD-Wähler.
Image may be NSFW. Clik here to view.Tabelle 3 zeigt den Grad der Zustimmung oder Ablehnung der Behauptung, der Konsum von Hanfkraut oder Haschisch sei gefährlicher als der Konsum von Alkohol aufgeschlüsselt nach Bildungsgrad gemäß Umfrage aus dem Jahr 2014. Zum Vergrößern der Abbildung, bitte Bild anklicken.
Image may be NSFW. Clik here to view.Tabelle 4 zeigt den Grad der Zustimmung oder Ablehnung der Behauptung, der Konsum von Hanfkraut oder Haschisch sei gefährlicher als der Konsum von Alkohol aufgeschlüsselt nach Parteipräferenz gemäß Umfrage aus dem Jahr 2014. Zum Vergrößern der Abbildung, bitte Bild anklicken.
Irrglaube und Meinungsbildung
Gemäß der Auswertung der repräsentativen Umfrage von infratest dimap aus dem Jahr 2014 stimmten nur 8% jener, die glauben, dass der Konsum von Hanfkraut oder Haschisch gefährlicher sei als der Konsum von Alkohol, der Forderung zu, dass Cannabis für Volljährige legal und reguliert erhältlich sein sollte. Diejenigen, die aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnissen glauben, dass der Konsum von Hanfkraut oder Haschisch weniger gefährlicher sei als der Konsum von Alkohol, stimmten mit 62% dieser Forderung zu.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 1 zeigt die Zustimmungsraten für einen legalen und regulierten Cannabismarkt in Abhängigkeit der Einschätzung des Schädigungspotenzials von Cannabis im Vergleich zum Alkohol. Angaben gemäß der repräsentativen Umfrage von infratest dimap im Auftrag des Deutschen Hanfverbands aus dem Jahr 2014.
In der Politik in Deutschland scheint der wissenschaftlich schon lange wiederlegte Irrglaube immer noch Leitmotiv bei den Entscheidungen zu sein. Weder die Bundesregierung noch die Mehrheit der Parlamentarier sind gewillt, die Auswirkungen der Drogenpolitik evaluieren zu lassen. Sie scheinen die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Gefährlichkeit von Cannabis und Alkohol zu scheuen wie der Teufel das Weihwasser.
Im Jahr 1999 wurde in den USA die Idee des Million Marijuana March von einem Legalisierungsaktivisten namens Dana Beal entwickelt. Viele Aktionen und Demonstrationen für die Legalisierung von Cannabis an unterschiedlichen Orten sollten gemeinsam eine große Masse von Menschen auf die Straße bringen. Wegen der weiten räumlichen Aufteilung der amerikanischen Bevölkerung war dort eine landesweite Demonstration an einem Ort kaum möglich. Schnell verbreitete sich die Idee, und es entstand das Konzept des Global Marijuana March (GMM) um weltweit Hanffreunde zu motivieren, sich für ihre Rechte einzusetzen.
Bereits seit 1999 beteiligt sich auch die deutsche Hauptstadt Berlin am weltweiten Cannabisaktionstag „Global Marijuana March“. Die GMM-Demonstration in Berlin wird dieses Jahr die TeilnehmerInnen am 16. Mai 2015 ab 13 Uhr unter dem Motto „Mehr Hanf wagen“ vom Berliner ‘Technostrich’ (Warschauer Brücke) zur ‘drogenfreien Erholungsstätte’ (Weinbergspark) führen. Die Veranstalter fordern die rasche Legalisierung von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel und berufen sich dabei auf zwei deutsche Bundeskanzler.
Mehr Demokratie wagen
In der wohl berühmtesten Regierungserklärung der Geschichte der Bundesrepublik schwor Willi Brandt die ParlamentarierInnen und BürgerInnen darauf ein, mehr Demokratie zu wagen. Seine Regierung solle so der SPD-Politiker am 28.10.1969 daran gemessen werden, wie viel Toleranz sie kritischen Stimmen entgegen bringe.
Gut 35 Jahre nach dieser berühmten Regierungserklärung von Willi Brandt ergänzte Angela Merkel (CDU) den sprichwörtlich gewordenen Aufruf „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ in einer eigenen Regierungserklärung um die Worte „Lassen Sie uns mehr Freiheit wagen.“
Der GMM-Berlin will dem Elend Hanfprohibition ein Ende machen. Im Rahmen des internationalen Cannabis-Legalisierungs-Aktionstag „Global Marijuana March” soll am 16. Mai in einer Demonstration dafür geworben werden, die Legalisierung von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genussmittel auf die politische Tagesordnung zu setzen. „In kaum einem anderen Politikfeld sind die Fakten so eindeutig auf einer Seite.“ so Versammlungsleiter Steffen Geyer. „Neben der weit überwiegenden Mehrheit der Strafrechtsprofessoren, der Caritas, unzähligen Medizinern und Kriminologen wissen wir den gesunden Menschenverstand sowie den Zeitgeist auf unserer Seite.“
Flyer zum GMM Berlin 2015; CC-BY-NC-SA 4.0 spikey media.creators.de@gmail.com
Der Bundeskanzlerin Angela Merkel legen die Berliner HanffreundInnen deshalb eine politische Geste ihres berühmten Amtsvorgängers ans Herz. So wie der Kniefall Brandts am Mahnmals des Warschauer Ghettos der unmissverständliche, sichtbare Beweis der Anerkennung der historischen Verantwortung Deutschlands für den Faschismus war, müsse die Kanzlerin sich zur Verantwortung für den Drogenkrieg bekennen. Die Demonstrierenden fordern Merkel deshalb zu einem Kniefall vor den Opfern der Repressionspolitik auf. Der nationale Gedenktag für verstorbene DrogengebraucherInnen im Juli böte nach Meinung der GMM-VeranstalterInnen den passenden Rahmen. „Den nötigen politischen Mut vorausgesetzt, könnte Deutschland bis zur Hanfparade am 8. August einen modernen, auf straflosen Umgang durch Erwachsene und Prävention basierenden Hanfmarkt haben.“ so Steffen Geyer.
Bis es tatsächlich zu einer weitgehenden Legalisierung der Pflanze Cannabis in Deutschland kommt, wird jedoch wahrscheinlich noch mehr Zeit vergehen. Diese zu Nutzen, um den Hanfmarkt der Zukunft aktiv mit zu gestalten, dazu will man die Demonstration am 16. Mai nutzen. Das Orgateam lädt alle BerlinerInnen und BerlinbesucherInnen dazu ein, „mehr Hanf zu wagen“.
Der GMM in Berlin findet später statt als in vielen anderen deutschen Städten, so dass das Aktivisten aus der Hauptstadt auch in diesem Jahr wieder in anderen Städten am 2. respektive am 9. Mai an diversen GMMs präsent sein können. Insgesamt sind für den kommenden Mai schon in mehr als einem Dutzend Städte GMM-Demonstrationen angemeldet worden. Eine Übersicht hierzu findet man auf der Website des GMM Berlin. Und auf der Website des Deutschen Hanfverbandes (DHV) findet man einen Aufruf zum Organisieren eines GMM in der eigenen Stadt mit zahlreichen Hinweisen zu organisatorischen Fragen. Zudem bietet der DHV allen Organisatoren von GMM-Demonstrationen Plakate, Webbanner auch einen Flyer mit individuellen an die lokalen Gegebenheiten angepassten Texte an.
Sponsoren
Veranstaltungen kosten Geld. Im letzten Jahr konnte der DHV dank der gewonnen Millionärswahl den GMM-Gruppen nicht nur mit Rat und Tat, sondern auch finanziell zur Seite stehen. In diesem Jahr ist das so leider nicht mehr möglich. Daher hat der DHV einen Sponsor gesucht, und gefunden: Die Firma Near Dark / Black Leaf wird bis zu 25 GMM-Versammlungen mit je 200 Euro unterstützen! Viele Organisatoren sind glücklich und dankbar für diese Hilfe, die es jeder Gruppe möglich machen sollte, zumindest die grundlegenden Kosten zu decken. Weitere Informationen hierzu gibt es bei Florian Rister beim DHV. Das Hanf Journal bietet ebenfalls allen Orgagruppen ein Sponsoring in Höhe von 50 Euro. Für Details dazu wendet man sich am besten direkt an das Hanf Journal.
Neue Forschungen zeigen signifikant unterschiedliche Auswirkungen von verschiedenen Arten von Cannabis auf das menschliche Gehirn. Dies erklärt Frau Prof. Val Curran, Direktorin des Instituts für Klinische Psychopharmakologie (Clinical Psychopharmacology Unit, CPU) am University College London (UCL) und Mitglied der Global Commission on Drug Policies. Das UCL zählt zu den besten Universitäten der Welt und liegt im weltweiten Ranking auf Platz 17.
Die Cannabispflanze enthält rund hundert einzigartige Stoffe, die man Cannabinoide nennt. Die beiden prominentesten von ihnen sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). THC ist der Stoff, der die Konsumenten high macht und CBD ist der Stoff, der entspannt. Die bisherigen Untersuchungen zeigen gemäß Aussage von Prof. Val Curran, dass CBD eine Art Gegenmittel gegen einige der unerwünschten oder schädlichen Wirkungen von THC sein kann.
In der Studie wurde die Wirkung von zwei verschiedenen Arten von Cannabis untersucht. Die eine Art enthielt eine relativ hohe Konzentration von THC (~ 13%), jedoch praktisch kein CBD. Diese Art wird in der Studie als “Skunk” bezeichnet, da das THC-CBD-Verhältnis aktuellen Züchtungen entspricht, die auf dem Markt als “Skunk” angeboten werden. Die andere Art enthielt einen geringeren Anteil an THC (~ 6,5%) und einen großen Anteil an CBD (~ 8%). Ein solches THC-CBD-Verhältnis ist typisch für bestimmte Haschischsorten, z.B. für roten oder für hellen Libanesen. Deshalb wird in der Studie diese Art als “Hasch” bezeichnet.
Die Freiwilligen, die an der Studie teilnahmen, gingen an drei verschiedenen Tagen zum Labor und inhalierten einmal ein Placebo (Cannabisblüten ohne THC und ohne CBD), einmal hochwirksame Cannabisblüten mit hohem THC-Gehalt und einmal Cannabisblüten mit hohem CBD-Gehalt und einem eher niedrigen THC-Gehalt. Inhaliert wurde aus einen Ballon, in dem zuvor das Cannabis mittels eines Vaporizers verdampft worden war. Die Dosis von beiden Arten von Cannabis betrug jeweils etwa 5 mg THC und bei der einen Art nahezu 0 mg CBD und bei der anderen Art etwa 6 mg CBD. Nach dem Einatmen wurden Freiwillige gebeten, verschiedene Aufgaben durchzuführen, einige davon im Inneren eines Kernspintomographen.
Cannabis, Musik und Kunst
Bei beiden psychoaktiven Arten von Cannabis konnte beobachtet werden, dass die Gehirnaktivität deutlich erhöht war, wenn die Leute eine Musik hörten, die sie gerne mögen. Der Wunsch, Musik zu hören, war bei “Skunk” um 53%, bei “Hasch” sogar um 58% höher im Vergleich zu Placebo.
Die Teilnehmer berichteten zudem über eine verbesserte Klangwahrnehmung nach der Inhalation von “Hasch” im Vergleich zum hochwirksamem Cannabis oder Placebo. Sie hatten auch mehr Hirnaktivität in der Sehrinde nach dem Konsum von “Hasch” als nach dem Konsum von “Skunk” oder Placebo. Und sie haben auch weniger Fehler bei der Erinnerung an Einzelheiten der Bilder gemacht, die den Teilnehmer gezeigt wurden, als nach dem Konsum von hochwirksamem Cannabis vom Typ “Skunk“.
Stimmen hören bei weißem Rauschen
Den Teilnehmern der Studie wurden verschiedene Sequenzen von weißem Rauschen vorgespielt. In einigen dieser Sequenzen wurden menschliche Stimmen eingepflegt. Die Teilnehmer mussten nach jeder der kurzen Sequenzen sagen, ob sie eine Stimme hörten oder nicht. 47% der Teilnehmer, die Placebo erhielten, hörten Stimmen in Sequenzen beim weißen Rauschen, die in Wahrheit keine Stimmen enthielten. Nach der Inhalation von “Skunk” war dies bei 94% Teilnehmer, also etwa doppelt so häufig, der Fall. Nach der Inhalation von “Hasch” konnte hingegen keine Steigerung der Häufigkeit im Vergleich zu Placebo beobachtet werden.
Psychoserisiko
Etwa 24% der Patienten, die derzeit in Großbritannien neu wegen einer Psychose behandelt werden müssen, haben Cannabis vom Typ “Skunk” geraucht. Hingegen besteht kein erhöhtes Risiko für das Auslösen einer Psychose nach dem Konsum von Cannabis vom Typ “Hasch“. Offenbar hilft CBD einige der negativen Wirkungen von THC zu begegnen. Es sei hier angemerkt, dass der Konsum von THC eine latente Psychose auslösen kann, doch ohne die entsprechende Disposition wird ein gesunder Mensch nach dem Konsum von THC nicht psychotisch.
In Großbritannien sind 80% der Cannabisprodukte, die heute verkauft werden, dem Typ “Skunk” zuzurechnen. Es ist heute oft schwer für die Menschen zu Cannabis mit einem THC-CBD-Gleichgewicht zu gelangen. Für Prof. David Nutt ist das eine Folge der Drogenprohibition. Er beteuert, dass hochwirksame Cannabisarten wie “Skunk” ohne CBD-Gehalt nur aufgrund der Illegalität von Haschisch und Marihuana gezüchtet wurden.
Drugs Live
Der Sender Channel 4 hat unter dem Titel “Drugs Live: Cannabis on Trial” ausführlich über diese Studie berichtet. In der Sendung kommen nicht nur Prof. Val Curran und Prof. David Nutt zu Wort, sondern auch mehrere Teilnehmer an dieser Studie. Und für die Sendung wurde sogar eine richtige Hanfplantage im Sendestudio eingerichtet. Auch wird gezeigt, wie die Studienteilnehmer den Cannabisdampf aus den Ballons inhalieren.
In der Schweiz ist der Konsum von Cannabis – anders als in Deutschland – verboten. Da der Konsum von Cannabis in der Schweiz von Kanton zu Kanton unterschiedlich geahndet wurde, änderte die Regierung das Betäubungsmittelgesetz (BetmG). Mit dem Inkrafttreten der Revision des BetmG per 1. Oktober 2013 sollte diese uneinheitliche Handhabung von einer nationalen Regelung abgelöst werden. Durch die Einführung einer Ordnungsbuße von 100 Franken (derzeit ca. 94 Euro) für das Kiffen sollte eine Grundlage für die Gleichbehandlung aller Cannabiskonsumenten in der Schweiz entstehen. Eine Auswertung der in der Kriminalstatistik für das Jahr 2014 aufgeführten Daten zeigt jedoch, dass nach wie vor der Konsum von Cannabis in den einzelnen Kantonen signifikant unterschiedlich verfolgt und geahndet wird.
Der Konsum von Cannabis kann in der Schweiz mit einer Ordnungsbuße geahndet werden, wenn die Person mindestens 18-jährig ist und nicht gleichzeitig andere Gesetzesverstöße begeht. Da der Besitz von mehr als 10 g Cannabis strafbar ist, kommt das Ordnungsbußenverfahren nur bei Besitz von weniger als 10 g zur Anwendung.
Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz
Im Jahr 2014 wurden in gesamthaft 45.292 Fällen Widerhandlungen (Verstöße) gegen das BetmG registriert. Innerhalb dieser Registrierungen wurden 80.986 Straftaten (Delikte) festgestellt und 33.885 Personen beschuldigt. Zudem mussten landesweit 14.861 Cannabiskonsumenten eine Buße von 100 Franken bezahlen.
Im Vergleich zum Jahr 2013 nahm die Zahl der beschuldigten Personen um 7.795 (-19%) ab, die Zahl der Fälle um 9.337 (-17%) und die Zahl der registrierten Delikte nahm um 16.303 (-17%) ab. Image may be NSFW. Clik here to view.Grafik 1 zeigt die Entwicklung der Betäubungsmitteldelikte in der Schweiz als Zeitreihe von 2009 bis 2014: Straftaten, Fälle, beschuldigte Personen. Durch die Einführung der Bußgeldregelung für den Konsum von Cannabis inklusive Besitz von weniger als 10 g sind die Zahlen für 2014 deutlich niedriger als in den Vorjahren.
Häufigkeitszahlen in den Kantonen und Städten
Die Berechnung der Häufigkeitszahl (Anzahl Straftaten auf 1000 Einwohner) verbessert die Vergleichbarkeit. Diese Häufigkeitszahlen können aber Faktoren wie die Gelegenheitsstruktur (z.B. Partymeile in einer Großstadt) und die für die Kontrolle verfügbaren Personalressourcen, die das Kriminalitätsaufkommen in diesem Bereich wesentlich beeinflussen, nicht berücksichtigen. Bei Vergleichen ist dies zu beachten. Image may be NSFW. Clik here to view.Grafik 2 zeigt die Häufigkeitszahlen (pro 1000 Einwohner) in den schweizer Kantonen. Über dem Landesdurchschnitt liegen außer Bern und Basel-Stadt ausschließlich Kantone aus der Romandie: Genf, Waadt, Wallis und Neuchâtel. Der Kanton Fribourg, wo in einigen Gebieten Französisch und in einigen Deutsch gesprochen wird, liegt leicht unter dem Landesdurchschnitt. Der einzige französischsprachige Kanton mit einer deutlich tieferen Häufigkeitszahl ist der Kanton Jura.
Die Häufigkeitszahl ist – wie bereits erwähnt – die Zahl der registrierten Delikte insgesamt oder innerhalb einzelner Deliktarten in Bezug auf 1000 Einwohner innerhalb des Erfassungsbereiches. Bei von Amts wegen verfolgten Deliktarten wie den Verstößen (Zuwiderhandlungen) gegen das Betäubungsmittelgesetz wird die Häufigkeitszahl auch Repressionskoeffizient genannt. In den meisten Kantonen der Romandie ist der Repressionskoeffizient größer als im Landesdurchschnitt, im Kanton Genf sogar mehr als doppelt so groß. Bei den größeren Städten zeigt die Statistik, dass Lausanne die Kantonshauptstadt mit der intensivsten Verfolgung der Drogenkonsumenten ist. Wie man der folgenden Grafik entnehmen kann, ist Appenzell der Kantonshauptort mit dem geringsten Repressionskoeffizienten – mehr als 20-mal kleiner als in Genf. Image may be NSFW. Clik here to view.Grafik 3 zeigt die Häufigkeitszahlen der registrierten Betäubungsmitteldelikte in den größeren schweizer Städten sowie den Hauptstädten aller Kantone. Die Goldmedaille für den größen Fleiß bei der Verfolgung von Drogengebrauchern geht an die Polizei von Lausanne, Silber hat sich Bern verdient und Bronze geht an Biel/Bienne.
Cannabis-Ordnungsbußen
Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, die klar im Zusammenhang mit dem Eigenkonsum stehen, werden als Übertretungen geahndet. Sobald Formen des Handels von illegalen Substanzen feststellbar sind, fallen die Widerhandlungen je nach Menge und Vorgehensweise unter Vergehen oder Verbrechen und werden mit einem höheren Strafmaß geahndet.
Am 1. Oktober 2013 ist eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes in Kraft getreten. Der Konsum von Cannabis durch Erwachsene kann mit einer Ordnungsbuße bestraft werden, wenn die mitgeführte Menge zehn Gramm nicht übersteigt. Die Häufigkeitszahlen von Ordnungsbußen in den Kantonen ist in der nachstehenden Grafik ersichtlich. Image may be NSFW. Clik here to view.Grafik 4 zeigt die Häufigkeit von Cannabis-Ordnungsbußen in den einzelnen Kantonen. Im Kanton Zug wird am meisten von der neuen Regelung betreffend Cannabis-Ordnungsbußen gebrauch gemacht. Der Kanton Zug ist zudem der einzige Kanton, in dem mehr Bußen wegen des Konsums von Cannabis als Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz registriert wurden. Durch diese Verfahrensweise spart der Kanton viel Geld, da Ordnungsbußen den Staatssäckel füllen, Strafanzeigen und Gerichtsverfahren hingegen einen Kostenfaktor für die Staatskasse darstellen.
Im Kanton Bern – erhält die größte Summe aller Kantone aus dem Finanzausgleich – will man von der neuen Bußgeldregelung nicht so recht Gebrauch machen, sondern lieber Polizisten, Staatsanwälte und Gerichte mit dem Aufnehmen und Bearbeiten von Anzeigen beschäftigen. Auf eine Cannabis-Ordnungsbuße kommen im Kanton Bern mehr als 50 Verzeigungen (Anzeigen) wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Ja, die Staatsdiener im Kanton Bern wollen halt weiterhin von den anderen Kantonen alimentiert werden.
Helvetische Repressionskoeffizienten
Die Größe der gesamten Repression gegen Drogenkonsumenten und ihren Lieferanten in den einzelnen Kantonen setzt sich zusammen aus der Anzahl der Strafanzeigen und der Anzahl der Ordnungsbußen. Die Summen der erteilten Bußen und erfassten Straftaten in Relation zu den Bevölkerungszahlen zeigen die real existierende Intensität der Drogenrepression in den Kantonen. Die höchsten Repressionskoeffizienten wurden in den Kantonen Genf, Waadt und Basel-Stadt registriert, die niedrigsten in den Kantonen Appenzell-Innerrohden, Basel-Landschaft und Uri. Die folgende Grafik zeigt die Repressionskoeffizienten aller Kantone. Image may be NSFW. Clik here to view.Grafik 5 zeigt die Repressionskoeffizienten aller Kantone im Jahr 2014. Mit Ausnahme des Kantons Jura liegen alle Kantone der Romandie über dem Landesdurchschnitt. In den Kantonen Uri, Schwyz und Unterwalden (Nid- und Obwalden), die der Überlieferung nach im Jahre 1291 die Schweiz gründeten, ist der Repressionskoeffizient nur etwa halb so groß wie im Landesdurchschnitt.
Bemerkenswert ist, dass im Jahr 2014 in der Schweiz weit mehr Anzeigen wegen eines auf den Konsum von Hanfprodukten bezogenes Delikt (22.083 an der Zahl) erstattet wurden als Cannabiskonsumenten (14.861 an der Zahl) wegen einer gleich gearteten Tat gebüßt wurden. Die Einführung einer Ordnungsbuße von 100 Franken für das Kiffen hat nicht zu einer Gleichbehandlung aller Cannabiskonsumenten in der Schweiz geführt.
Im Mai werden in zwei Dutzend Städten in Deutschland Demonstrationen für die Legalisierung von Cannabis stattfinden. Diese Demonstrationen finden im Rahmen des weltweit veranstalteten Global Marijuana March (GMM) statt. Der GMM findet immer am ersten Samstag im Mai statt. Wenn der 1. Mai als Feiertag auf dieses Wochenende fällt, findet der GMM in einigen Städten auch später statt.
Bereits 1999 fand der erste Global Marijuana March am ersten Samstag im Mai in den USA statt. Intention war, weltweit in allen Ländern gemeinsam an einem Tag im Jahr für die Legalisierung von Cannabis auf die Straßen zu gehen. In Deutschland gab es bis 2011 nur vereinzelt in wenigen Städten Demonstrationen im Rahmen des GMM, die zum Teil unter dem Namen „Hanftag“ durchgeführt wurden. Im Jahr 2012 fanden fanden dann in fünf Städten in Deutschland Demonstrationen statt. Gleich nach dem GMM 2012 begann dann Steffen Geyer, Mitorganisator der Hanfparade, eine mehrere Monate dauernde Tour durch Deutschland, der Cannabiskultour, wo er im Zeitraum zwischen dem GMM im Mai und der Hanfparade im August 82 Demonstrationen und andere Veranstaltungen zur Legalisierung von Cannabis als Rohstoff, Medizin und Genussmittel organisierte und leitete. Dies machte den GMM deutschlandweit bekannt und in der Folge fanden von Jahr zu Jahr immer mehr Demonstrationen zum GMM in Deutschland statt. 2013 waren es 11, 2014 dann bereits 17 und in diesem Jahr sind 24 Demonstrationen zum GMM angemeldet.
Der erste Mai – Tag der Arbeit, ein Feiertag – fällt dieses Jahr auf ein Freitag. Am ersten Mai wird nicht nur viel demonstriert, sondern bekanntlich auch viel gesoffen, so dass viele Menschen am Samstag, den 2. Mai 2015, ihren Rausch ausschlafen müssen oder sich von den Demonstrationen erholen wollen. Deshalb haben sich nur in fünf Städten die Organisatoren der GMM-Demonstrationen dafür entschieden, den GMM am 2. Mai zu veranstalten. Es sind dies: Image may be NSFW. Clik here to view.
Eine Liste mit den Links zu den einzelnen GMM-Demonstrationen findet man auf der Website des GMM-Berlin. Der Liste kann man entnehmen, dass am Samstag, 9. Mai 2015, in 15 Städten im Rahmen des GMM Demonstrationen angemeldet sind. Es sind dies: Image may be NSFW. Clik here to view.
Der GMM in Berlin wird eine Woche später Starten, am Samstag, 16. Mai 2015. Die zeitliche Versetzung wird damit begründet, dass die Aktivisten von der Hanfparade, dem Hanf Museum, der Grünen Hilfe, des Hanfverbandes und des Hanf Journals aus Berlin an den Veranstaltungen in anderen Städten teilnehmen können, dort Reden halten können und die Vernetzung unter den Aktivisten erweitern und festigen können. Auch drei weitere Städte haben ihren GMM nach dem 9. Mai 2015 angemeldet. Es sind dies: Image may be NSFW. Clik here to view.
Steffen Geyer, der Versammlungsleiter des GMM Berlin sagt zur Legalisierung: „Die Legalisierung ist die Selbstbefreiung der Menschen von der (unerkannten) Knechtschaft der Prohibitionsideologie. Aufklärung ist der Weg, Nichtkonsumierenden zu zeigen, dass das Cannabisverbot auch ihre Freiheit beschneidet. Die GMM-demonstrationen und die Hanfparade sind der Versuch, ein Bewusstsein dieses Missstandes zu schaffen. Sie geben nicht die Antworten, sie zeigen, dass offene Fragen existieren.“
Der GMM in Berlin
Die Auftaktkundgebung wird auf der Warschauer Brücke auf der Höhe des Ausgangs der S-Bahn stattfinden. Der Berliner Kurier bezeichnete die Warschauer Brücke als „die Brücke zum Wahnsinn“. In dem Artikel heißt es, dass dort jeden Abend Zehntausende Feierwütige unterwegs seien und die Situation wird mit den Worten „Dreck, Drogen, Suff, dazu jede Menge Sex und Gewalt“ charakterisiert. Berliner und jede Menge Touristen fahren mit der S-bahn, U-Bahn oder der Straßenbahn zur Warschauer Brücke und gehen von dort in eine der vielen Partylocations zum Feiern. Direkt neben der Warschauer Brücke liegt das RAW-Gelände, auf dem sich mehrere Clubs befinden.
Durch die Verdrängung der Drogenhändler im und um den Görlitzer Park hat das Drogengeschäft auf der Warschauer Brücke und in der Revaler Straße gleich um die Ecke überhand genommen. Zehntausende Einsatzstunden seitens der Polizei waren notwendig, um die Verschiebung des Marktplatzes für Drogen um etwa einen Kilometer zu verschieben. Die Opposition im Abgeordnetenhaus spricht von einer reinen Verschwendung von Steuergeldern und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bemängelte das Senatskonzept als „unausgegoren“, weil die für die Verfolgung der Kleindealer eingesetzten Beamten an anderer Stelle fehlen würden. Der stellvertretende Landesbezirksvorsitzende der GdP, Matthias Weitemeier, bezweifelte außerdem, dass die Null-Toleranz-Strategie – propagiert von Innensenator Frank Henkel – die erwünschte „generalpräventive Wirkung“ entfalten werde. Jeder, der in den Nächten an Wochenenden auf der Warschauer Brücke und der Revaler Straße sich umschaut, muss dem Gewerkschafter der Polizei recht geben.
Der Demonstrationszug wurd dann zum Volkspark am Weinberg in der Brunnenstraße führen, direkt gegenüber des Polizeireviers des Abschnitts 31. Um der im Weinbergspark etablierten Drogenszene entgegenzutreten, wurde der Park in den Jahren 2005 bis 2007 umgestaltet. Büsche wurden entfernt und neue helle Lampen wurden installiert. Dank der hellen Beleuchtung können die Polizeibeamten seit 2007 auch in der Nacht aus der direkt an den Park angrenzenden Polizeiwache ohne Taschenlampen zu Kontrollen im Park ausrücken. Die Abschlusskundgebung wird also in einem aus kontrolltechnischen Gründen sanierten und herausgeputzten Park stattfinden.
Die Legalisierungsdebatte in Sachen Cannabis treibt die Repressionisten auf die Palme. Die Polizei intensiviert massiv die Jagd auf Kiffer. Im Jahr 2014 stieg die Anzahl der polizeilich registrierten Delikte wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 9,2%, bei den Delikten in Bezug auf Cannabis insgesamt um 11,2% und bei den allgemeinen Verstößen (auf den Konsum bezogene Delikte, Besitz kleiner Mengen zum Eigenverbrauch) in Bezug auf Cannabis um 11,7%. Von allen registrierten Delikte im Jahr 2014 in Bezug auf Cannabis entfielen 78,7% auf den Konsum bezogene Delikte. So hoch war dieser Anteil noch nie, dass heißt, noch nie zuvor wurden Kiffer so intensiv von der Polizei verfolgt wie im letzten Jahr.
Tatverdächtige
Bis 1966 lag die Zahl der jährlich erfassten Tatverdächtigen wegen Verstoßes gegen das Opiumgesetz in der Bundesrepublik Deutschland (einschliesslich West-Berlin) deutlich unter Eintausend. Erst 1967, dem Jahr in dem Benno Ohnesorg von der Polizei erschossen wurde, registrierten die Behörden über 1.000 Tatverdächtige. Vier Jahre später registrierten die Behörden bereits über 20.000 Tatverdächtige.
Ein Tatverdächtiger, für den im Berichtszeitraum mehrere Fälle der gleichen Straftat in einem Bundesland festgestellt wurden, wird nur einmal gezählt. Vor 1983 waren Personen, gegen die im Berichtsjahr mehrfach ermittelt wurde, immer wieder erneut gezählt worden. Wegen Ablösung dieser Mehrfachzählung, die zu stark überhöhten und strukturell verzerrten Tatverdächtigenzahlen führte, durch die jetzige “echte” Zählung, ist ein Vergleich zu früheren Jahren nur eingeschränkt möglich.
In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts verdoppelte sich die Zahl der Tatverdächtigen und erreichte im Jahr 2004 mit 232.502 ihren absoluten Spitzenwert. Danach sank die Zahl kontinuierlich bis 2010 und danach stieg sie wieder kontinuierlich bis 2014 auf 228.110. Im Vergleich zum Vorjahr war eine Steigerung um 13,0% zu beobachten. Nur in den 70er Jahren sowie 1980, 1995 und 1996 wurden höhere Repressionsexpansionskoeffizienten, das heißt eine stärkere Zunahme der Repression gegen Drogengebraucher registriert.
Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 1 zeigt die Zeitreihe der Tatverdächtigen wegen Verstoßes gegen das BtMG von 1960 bis 2014.Wegen der Änderung des staatlichen Bereiches sind die Daten seit 1991 mit denen der Vorjahre nur bedingt vergleichbar. Die Zahlen bis 1990 beinhalten die Tatverdächtigen der alten Bundesländer einschließlich West-Berlin, die Zahlen der Jahre 1991 und 1992 beinhalten die Tatverdächtigen der alten Bundesländer einschließlich Gesamt-Berlin, in den Zahlen ab 1993 sind die Tatverdächtigen aller Bundesländer enthalten. Diese Angaben sind auch bei allen folgenden Abbildungen zu berücksichtigen. Datenquelle: BKA Wiesbaden.
Jugendliche Tatverdächtige
In den Jahren von 1932 bis 1939 lag die Zahl der jährlich erfassten Rauschgiftvergehen insgesamt durchschnittlich bei 1.200 und es wurden durchschnittlich knapp 1.000 Tatverdächtige ermittelt. Der Anteil der Jugendlichen lag dabei zumeist deutlich unter 1% (1936: 0%; 1937: 0,2%). Zwischen 1956 und 1966 lag die Zahl der Tatverdächtigen wegen Verstoßes gegen das Opiumgesetz stets unter 1.000 und der Anteil der Minderjährigen (unter 18 Jahren) schwankte zwischen 0,3% und 1,7%. Durch die Instrumentalisierung des Opiumgesetzes zur Repression gegen die revoltierenden Studenten und Hippies im Jahr 1967 stieg der Anteil der minderjährigen Tatverdächtigen auf 29,4% an. Nach der Einführung des neuen Betäubungsmittelgesetzes im Winter 1971/72 sank der Anteil jugendlicher Tatverdächtiger wieder.
Noch deutlicher wird die Entwicklung bei der Betrachtung der heranwachsenden Tatverdächtigen. Waren im Jahr 1966 nur knapp 10% aller Tatverdächtigen unter 21 Jahre alt, so stieg dieser Anteil bis 1971 auf knapp 70% an. Nach der Einführung des neuen Betäubungsmittelgesetzes ist der Anteil junger Tatverdächtiger bis 1988 kontinuierlich zurückgegangen. Bei den unter 18jährigen lag er 1988 bei 4,8%. Nur 24,4% der Tatverdächtigen waren unter 21 Jahren alt.
In den 90er Jahren wurde das Betäubungsmittelgesetz, wenn auch nicht ganz so intensiv wie Ende der 60er, erneut instrumentalisiert, um eine aufkommende Jugendkultur in Schach zu halten und die an dieser Kultur partizipierenden Menschen einem intensiven Kontrollsystem zu unterwerfen. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends sanken die Anteile der jugendlichen und heranwachsenden Tatverdächtigen dann wieder um danach wieder anzusteigen. Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 2 zeigt die Anteile in Prozent der jugendlichen und heranwachsenden Tatverdächtigen als Zeitreihe von 1966 bis 2014. Datenquelle: BKA Wiesbaden.
Allgemeine Verstöße
Als im Winter 1971/72 das neue Betäubungsmittelgesetz in Kraft trat, verkündete die Bundesregierung, dass mit dem Gesetz in erster Linie die Verfolgung der Drogenhändler und Drogenschmuggler beabsichtigt sei und erleichtert werden solle. Die Höchststrafe wurde zur Abschreckung von drei auf zehn Jahre heraufgesetzt. Am 1. Januar 1982 wurde nach einer Novellierung des Betäubungsmittelgesetzes die Höchststrafe von zehn auf 15 Jahre angehoben.
Obwohl mit dem BtMG in erster Linie Händler und Schmuggler verfolgt werden sollten, lag der Anteil der auf den Konsum bezogenen Delikte (allgemeine Verstöße gemäß §29 BtMG) nie unterhalb von 60 Prozent. Bis kurz nach der Jahrtausendwende schwankte der besagte Anteil stets zwischen 60 Prozent und 70 Prozent (einzige Ausnahme 1972), um dann im Jahr 2004 seit Jahrzehnten wieder die 70 Prozent Marke zu überschreiten. Im Jahr 2014 erreichte dieser Anteil den historischen Höchstwert von 75,7 Prozent. Die Repression gegen die Drogenkonsumenten hat im Jahr 2014 ein Rekordniveau erreicht. Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 3 zeigt in Prozentwerten die Relation der allgemeinen Verstöße zu allen BtMG-Delikten als Zeitreihe von 1971 bis 2014. Datenquelle: BKA Wiesbaden.
Anteile der diversen Cannabisdelikte
In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts lag der Anteil der allgemeinen Verstöße bei den Cannabisdelikten bei 65% und der Anteil bezüglich Handel und Schmuggel bei etwas über 30%. In der Folge stieg der Anteil der allgemeinen Verstöße nahezu kontinuierlich und der Anteil bezüglich Handel und Schmugel sank hingegen nahezu kontinuierlich. Im letzten Jahr erreichte der Anteil der allgemeinen Verstöße den Spitzenwert von 78,7% und der Anteil bezüglich Handel und Schmuggel den tiefsten Wert aller Zeiten mit 17,6%. Image may be NSFW. Clik here to view.Abbildung 4 zeigt die Anteile der diversen Cannabisdelikte als Zeitreihe von 1987 bis 2014. Der illegale Anbau erreichte 2014 einen Anteil von 3,3% und die illegale Einfuhr in nicht geringen Mengen einen Anteil von 0,4%. Datenquelle: BKA Wiesbaden.